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Schloss Bellevue im Weihnachtsrausch

Unter dem Empfangsmotto „Advent, Advent, kein Lichtlein brennt, hatte Präsident Steinmeier zur Weihnachtsfeier geladen. Also versammelten sich gestern Abend die Leuchten unserer Politik im Amtssitz Schloss Bellevue, um im Rahmen einer Generalprobe den präsidialen Adventskranz zu entzünden. Vermutlich verband unser so geschätztes Staatsoberhaupt die Vorweihnachtszeit mit der Hoffnung, dass auch den geladenen Gästen ein Licht aufginge. Eine optimistische Erwartung, wie ich meine.


Nach dem gemeinsamen Absingen von Weihnachtsliedern wollte Onkel Steinmeier zwischen Tannenbaum, Engelshaar und Lametta mit den zerstrittenen Kontrahenten die politischen Geschenkpakete auspacken lassen. Nur das schwarz-rot-gestreifte Grokodil auf dem kuschligen Bärenfell vorm Kamin passte nicht so recht zu Dekoration. Aber den Wink mit dem winterlich gezuckerten Zaunpfahl schien niemand zu interessieren. Immerhin, für den Schlossherrn Frank-Walter galt es, Angela, Martin und Horst für eine friedvolle Neuauflage einer großen Weihnachts-Koalition und die faire Verteilung des Felles zu erwärmen.

Auf dem Tisch stand ein Körbchen mit süßen Leckereien. Minderheitsplätzchen, Neuwahlkekse mit Zuckerguss, Grokopralinen mit Nougatfüllung und feinstes Koalitionsgebäck. Eingeschlagen in güldenem Papier und roten Schleifchen lagen die politischen Überraschungen unterm Baum. Und als das Silberglöckchen endlich läutete, machten sich die Parteibosse über die Präsente her. Martin hatte sein Päckchen als erstes zerfetzt, schleuderte das lästige Papier auf den Boden und schwenkte triumphierend seine Geschenke über dem Kopf. Er hielt einen Gutschein für die maximale Verbreitung für Glyphosat und einen Satz Handschellen für Steuersünder in Händen. Sogar ein kleines Investitionsprogramm für Wohnungen war dabei.

Horst dagegen zog einen missmutigen Flunsch und zerknüllte wütend die glitzernde Geschenkfolie. Angewidert warf er Angelas einzigen Programmpunkt ihrer Politik auf den Tisch. Auf der Vorderseite ein Foto. Angela auf dem Kanzlersessel. Drunter stand zu lesen: …Und du bist raus. Horst machte Angela eine lange Nase. „dummes Huhn“, brummelte er ihr zu. „Jedes Jahr das gleiche Geschenk.“ Er wandte sich ab und widmete sich sogleich dem nächsten Geschenkpäckchen.

Martins Geschenk ließ ihn allerdings erstarren. Feriengutscheine für Flüchtlinge. Mit den Worten: „blöder Hund“ entsorgte er sogar die Freifahrtscheine nach Oberbayern im Kamin. Nur gut, dass mein Kumpel Söder nicht hier ist, grummelte er ärgerlich und beugte sich hinunter zum nächsten Päckchen. Martins zweites Geschenk machte ihm dagegen mehr Freude und entlockte ihm sogar ein Lächeln. Ein Rentenreförmchen, ganz nach seinem Geschmack. Er würde in Zukunft noch weniger in die Tasche greifen müssen.

Angies Mundwinkel zuckten verdächtig, als sie das rote Paket begutachtete. Bürgerversicherung las sie kaum hörbar. Sie ließ ihren Blick schweifen und schleuderte dem Weihnachtsmann Steinmeier ins Gesicht: „Mit mir nicht!“ Verärgert warf sie einen Blick auf das zweite Präsent. In großen Lettern stand dort zu lesen: Schutz vor Altersarmut! „Der mit seinen Ideen“, raunte sie, stampfte heftig auf, machte eine Raute und zog sich in eine Schmollecke zurück. Angelas Gesichtszüge verrieten, dass sie auf Rache sann. Bald ist Ostern, dachte sie. Dann lege ich denen ein paar faule Eier ins Nest.

Sofort intervenierte der Nikolaus mit einer gütigen Ansprache. Drei Stunden dauerte das Beisammensein in der winterlichen Nacht. Während draußen leise der Schnee rieselte, knisterten und prasselten drinnen die Buchenscheite im flackernden Kaminfeuer. Intensiver Tannenduft, der Geruch von Lebkuchen, gebrannten Mandeln und würzigen Leckereien erfüllten das Zimmer, in dem Steinmeier seine Besucher erst benebeln und dann gefügig machen wollte. Stille Nacht, heiliger Bimbam.
Die himmlischen Referenten des Schlosses, mit geometrisch exakt geteilten Scheiteln, Hosen mit Bügelfalten, so scharf wie Rasierklingen, akkurat gebundenen Windsor Knoten, standen im Hintergrund und warteten.

Es war ihnen anzusehen, dass sie endlich Feierabend haben wollten. Erst als man ihnen eine große Kanne mit zimtigen Glühwein verabreichte, schienen sie ein wenig gelöster zu werden. Sie wussten: Deutschland stand gerade auf dem Spiel und nicht nur das. Tausende von Rentner, Obdachlosen und Abgehängte drückten sich am Glas der Schlossfenster sehnsüchtig die Nasen platt. Wie gerne hätten sie auch ein paar Weihnachtsgaben. Aber ab 2 Promille war auch für die gelackten Staatssekretäre das ungute Gefühle leichter zu ertragen.


Was soll ich sagen, Horst, Angela und Martin verabschiedeten sich artig vom strengen Nikolaus, bedankten sich für die stimmungsvolle Weihnachtsfeier und versprachen, sich weiterhin anständig zu benehmen und sich in Zukunft noch intensiver auf ihre programmatische Selbsterleuchtung zu konzentrieren. Ein Licht war ihnen zwar immer noch nicht aufgegangen, aber es war ihnen anzusehen, dass sie sich spätestens am nächsten Tag die Weihnachtsgeschenke gegenseitig um die Ohren hauen würden. 

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