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Berlin, Corona und der staatliche Popanz

Entsetzen über die Eskalation am Reichstag, das ist der Haupttenor der Berichterstattung in allen Medien. Während weit mehr als 50.000 Demonstranten das Geschehen rund um die Corona-Politik dominierten, beherrscht die Besetzung der Stufen zum Reichstag einiger rechtsextremer Chaoten die Nachrichtensender.

dpa-news

Verfolgt man die Statements von Politikern, Staatsmoderatoren und willfährigen Journalisten, entsteht der Eindruck, als seien zehntausende friedlich demonstrierende Bürger auf den Straßen unterwegs gewesen, um die Demokratie und den Staat im höchsten Maße zu gefährden. Doch um welche Demokratie handelt es sich eigentlich noch? Um die der Politiker, die um ihren Machterhalt kämpfen, oder um jene der Bürger, die um ihre verfassungsmäßigen Rechte kämpfen?

Auch wenn als Randbemerkung - um den Schein der Objektivität zu wahren, berichtet wird, dass die große Mehrheit der Demonstranten friedlich blieb, wurde nichts unversucht gelassen, ein ganz anderes Bild zu zeichnen. Nicht zigtausend frustrierte, unzufriedene, verärgerte und wütende Bürger seien etwa wegen einer "lächerlichen Pandemie-Politik" auf die Straße gegangen, sondern Reichsbürger, Rechtsextreme, Impfgegner und radikale Chaoten. Nach dem Zungenschlag der Presse handelte es sich bei der gewaltigen Menge um Verwirrte, Verschwörungstheoretiker, bemitleidenswerte Irre und fehlgeleitete Geister. Ein kritischer Blick ins eigene Parlament würde Aufklärung darüber geben, wie viele Fehlgeleitete und evolutionär Benachteiligte in den Reihen des hohen Hauses sitzen und auf Kosten der Steuerzahler ihr Leben fristen.

Nahezu alle Politiker kommentieren die Anti-Corona-Spaziergänger, die die Nase gestrichen voll haben von Bevormundung, Einschränkung und maßregelnden Verfügungen, mit diskriminierenden Pauschalbezeichnungen wie Corona-Leugner oder Verschwörungsdeppen. Bürger werden im Handumdrehen und ohne Not zu Volksgefährdern und Staatsgegnern erklärt, die eine Gefahr für eine ganze Gesellschaft darstellen. Neuerdings schrecken unsere Politiker nicht einmal mehr davor zurück, sachliche Kritik oder Ablehnung ihrer allumfassenden Weitsicht und ihren unantastbaren Anspruch auf Autorität zu stigmatisieren. Nein, sie reagieren mit ihren alleingültigen Wahrheiten auf demonstrierende Bürger und sanktionieren jene, die ihre politische Kompetenz in Frage stellen.

Es besteht kein Zweifel daran, dass eine kleine Gruppe von radikalen Randalierern und extremistischen Idioten die Demonstration als Trittbrettfahrer missbrauchten. Ebenso wenig ist der Versuch, das Reichstagsgebäude als Wirkungsstätte unseres Parlaments zu stürmen, eine nicht hinnehmbare Provokation, die sofort hätte unterbunden werden müssen. Das unerträgliche Bild von einigen Reichsbürgern und Neonazis vor dem Reichstag hätte auch nicht vor dem Parlament stattfinden dürfen. 

Doch die Sache hat mehrere Haken. Niemand wollte den Reichstag stürmen, das belegen Dutzende von Videos und Mitschnitte. Eine Barriere wurde zur Seite geschoben und Demonstranten wollten sich auf die Stufen setzen. Nicht ein einziger Beteiligter der verärgerten Bürger versuchte ernsthaft, durch die geschlossene Tür ins Parlamentes einzudringen. Ganze drei Polizisten sicherten die Eingänge ab. Zwar wurden zwischen den rot-weiß-schwarzen Kaiserfahnen auch Reichsflaggen geschwenkt, Erstere sind aber keine Naziflaggen, auch wenn die Journaille dem Fernsehzuschauer sie als Symbole der Nazizeit verkaufen will. Jetzt versucht die Politik aus einer harmlosen "Treppenbesetzung" die Aktion als einen rechtsradikale Sturm auf das Parlaments aufzublasen, der von drei Polizisten erfolgreich abgewehrt werden konnte. 

Weder wurden Hakenkreuze gezeigt, noch Führerverehrungen zelebriert, wie sie Frau Eskens mit ihrem Holocaust-Geschwurbel implizit beklagte. Allerdings waren die Prioritäten des Innensenators und der Polizeiführung klar definiert. Masken und Abstandspflicht vor dem Schutz des Parlaments. Doch nun gackert unser politischer Hühnerhof hysterisch, als sei ein marodierender Fuchs in ihren Stall eingebrochen. Ein verschwindend geringer Haufen rechtsradikaler Versager haben sich vor ihren Hühnerstall auf den Treppen aufgestellt und dem Federvieh gedroht, die Eier zu stehlen. Die politischen Gockel ergehen sich in Superlativen und massenhaften Denunzierungen, sie instrumentalisieren den friedlichen Vorgang mit maximalem Entsetzen und realitätsfremder Empörung und bezeichnen ihn als Angriff auf die Demokratie.

Mindestens ebenso infam darf die Strategie unseres Berliner Innenministers Andreas Geisel gewertet werden. Von Anfang an war sein Konzept darauf ausgerichtet, Die Menschen von der Straße abzuhalten. Nachdem die Richter dem Innenminister die rote Karte gezeigt und sein verhängtes Demonstrationsverbot aufgehoben hatten, reagierte der SPD-Politiker, zutiefst in seiner Seele beleidigt, mit dem Gegenschlag. Ohne Zweifel lautete dessen Anweisung, die Demonstration möglichst von Beginn an durch Polizeikräfte auflösen zu lassen -, zumindest aber empfindlich einzuschränken. Abstandsgebote und Verstöße gegen die Maskenpflicht und Abstandsgebot sollten von vorn herein als Rechtfertigung dienen, den Protestzug im Keim zu ersticken. Ihm war klar, dass sich bei 40 oder 50 Tausend Demonstranten im Nachgang immer ein Rechtfertigungsnachweis erbringen lässt, und sei es nur in irgend einem windigen Hauseingang, in dem sich 5 Leute ohne Masken zusammenrotten.

Nun ja, was scheren Politiker Gerichtsbeschlüsse oder gar richterliche Entscheidungen. So gesehen übte Innensenators Andreas Geisel sein alternatives Verständnis von Demokratie aus. Dreitausend Polizisten begleiten den Demonstrationszug, drei Polizisten bewachen die Stufen des Parlaments. Da darf man sich schon fragen, welchen Rang, welchen Stellenwert der Schutz des Parlaments und der Demokratie im Vergleich zu den persönlichen Befindlichkeiten eines Innensenators und dessen Machtdemonstration einnimmt.


So kommentierte Innensenator Geisler einen Aufmarsch einiger „Neonazis“ – oder wen immer er so bezeichnet -, mit folgendem Wortlaut: 

"Ein Verbot wäre mir sehr sympathisch gewesen, 
wir haben das sehr sorgfältig geprüft und festgestellt, 
dass die freiheitlich-demokratische Grundordnung leider 
auch für Arschlöcher gilt."

Alle Wetter, Herr Innensenator, aber ein „Kerl“ der sich inhaltlich und mit seinem Vokabular auf die gleiche Stufe mit Arschlöchern stellt, sollte sich nicht wundern, wenn er nicht mehr ernst genommen wird. Von niemandem!

Mehr und mehr entgleiten der Politik die Realitäten hinsichtlich gesellschaftlicher Entwicklung und dem Stimmungsbild eines Volkes. Die Entfremdung zum Bürger, der zum Wahlvieh degradiert und zum Stimmenlieferant für die eigene Macht missbraucht wird, hat inzwischen Dimensionen angenommen, die nicht nur bei Parlamentariern als gefährlich empfunden wird. Längst stehen unsere Minister in nahezu allen Parteien im Kreuzfeuer von „Schafen und Lämmern“, die plötzlich zu wehrhaften Bären mutieren. Es wird allmählich unangenehm für die Politik, die nach wie vor übersieht, dass ein unumstößliches, physikalisches Gesetz auch in der Gesellschaft wirksam ist. „Druck erzeugt Gegendruck!“ Willkür, absolutistische oder autoritäre Regeln erzeugen das genaue Gegenteil dessen, was sich die Damen und Herren Regierungsangehörige so vorstellen.

Wenn der Grünen-Abgeordnete Konstantin von Notz schreibt: "Teilnehmer einer Demonstration zu der auch AfD und NPD mobilisierten, haben versucht den Reichstag zu stürmen, dann kann man einen solchen Satz getrost als verzerrende Pauschalisierung bezeichnen, die die mehr als 50 Tausend Bürger in Berlin berechtigen würden, einen Politiker wie Sie als Idioten zu bezeichnen. „Reichskriegsflaggen bestimmen das Bild vor dem Gebäude. Sommer 2020 - Es ist einfach nur ekelhaft und zum Schämen." Wo hat dieser Brandstifter nur hingeschaut?

Tja, lieber Herr Notz, es ist bei weitem mehr zum Schämen, Menschen wie Sie in der Politik zu wissen. Denn von eigentlicher Relevanz wäre die Frage, weshalb 40.000 Menschen auf die Straße gehen und nicht etwa die Empörung über knapp 100 Schwachmaten, die mit schwenkenden Reichsflaggen auf Treppenstufen um Aufmerksamkeit heischten. Und eine zweite Frage stellt sich auch: Was wäre wohl geschehen, wenn Linksradikale vom schwarzen Block wie in Hamburg beim G 20 Gipfel mit Molotow-Cocktails die Stufen des Parlaments belagert hätten?

Ein Blick in die Menge hätte sich vor allem für die Medien gelohnt. Auf Transparenten wurde der Rücktritt der Bundesregierung sowie ein Ende der Schutzauflagen und Alltagsbeschränkungen wegen der Corona-Pandemie gefordert. Auf Plakaten stand "Stoppt den Corona-Wahnsinn" und "Corona-Diktatur beenden". Immer wieder skandierte die Menge "Widerstand" und "Wir sind das Volk". Doch die Berichterstattung fokussiert sich auf einige wenige hirnlose Idioten, die den Journalisten und Moderatoren ein passendes Bild auf der Treppe zum Parlament lieferten. Propaganda scheint wichtiger geworden zu sein, als das Anliegen der Bürger. Ja, Herr Geisel und Frau Roth, die Herzkammer der Demokratie ist das Parlament! Doch, was ist eine Herzkammer ohne Blut. Denn das Blut der Demokratie ist das Volk!

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