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Nahles und das große europäische Schämen

Jedes Mal, wenn Andrea Nahles vor das Mikrophon tritt, sitzt das Publikum in Erwartung ihrer sprachlichen Abstürze wie auf glühenden Kohlen, als befürchteten sie jeden Augenblick, sich aufgrund ihrer semantischen Abstürze in die Gewöhnlichkeit in Grund und Boden schämen zu müssen. Auch auf der Tagung in Berlin mussten sie nicht lange auf kindische Verbalattacken in Richtung des gegnerischen Lagers warten.


Sie beklagte die Störungen von Mitgliedern der Jungen Union während ihrer Rede in der Halle am Alexanderplatz und brüllte in Richtung Parteigegner: „Keine Sorge, es wurde danach ordentlich durchgewischt. “ Vor dem geistigen Auge ihrer Zuhörer erschienen vermutlich Putzeimer und Schrubber, mit denen man den CDU-Schmutz zusammengekehrt und im Kanal entsorgt hat.

Und weil sie gerade so richtig in Schwung war, "hetzte" sie selbst gegen Hetzer, gegen die ewig Gestrigen und vergaß geflissentlich, dass sich die Genossen noch im Vorgestern befinden. Mit großem Engagement warb die SPD-Vorsitzende für den Zusammenhalt des Kontinents, als reklamiere die SPD die Inhaberschaft Europas und sei in der Lage, Kurz. Orban, Salvini und Konsorten zur Raison zu bringen. „Wir lassen uns dieses Europa nicht kaputtreden“, beschwor sie die Anwesenden mit erhobener Stimme, deren Mienen eher von der klammheimlichen Furcht geprägt waren, bei der anstehenden Europawahl unter die 15-Prozent-Marke zu rutschen. 

Kramp-Karrenbauer (CDU) zähle zu den „Lauen“, die, interpretiert man die Worte der großen Vorsitzenden der SPD richtig, Europa genauso gefährden würde wie die Rechtsradikalen. Nun ja, die feine, sprachliche Differenzierung ist nicht so ihre Sache. Stattdessen fährt sie mit der ihr eigenen Schlichtheit fort: Der CDU-Vorsitzenden sei in den letzten Monaten nichts anderes eingefallen, als Straßburg mit dem „Zweitsitz“ des EU-Parlaments zu streichen.

Immerhin, das eingesparte Geld flösse zumindest in Teilen in die Kassen von Finanzminister Olaf Scholz (SPD), der zurzeit jeden Cent benötigt. Aber wer behauptet schon, dass bei der SPD Argumente schlüssig, logisch oder gar richtig sein müssen. Wahlkampf setzt bekanntermaßen jede Stringenz und jede Folgerichtigkeit außer Kraft. Da geht es einzig um Kampf, in Falle der SPD ums Überleben. Da darf man auch gerne mal irgendetwas daherreden.

 Den Höhepunkt der Rede von Nahles war zweifellos die Feststellung: „Ja, dann sind wir eben links“. Und das nur, weil ein paar CDU-Parvenüs, die ihren Eierschalen kaum entwachsen sind vor einem Linksrutsch der SPD warten. Im Anschluss bedauerte Andrea, dass ihr Parteigenosse Martin Schulz versehentlich nicht zum Europakonvent eingeladen wurde. Ich glaube eher, dass solche Versehen manchmal ganz nützlich sein können, sowohl für die Parteivorsitzende als auch für das Publikum.

Überhaupt teilte Nahles nach allen Seiten aus. Markus Söder (CSU) sei in ihren Augen ein rentenpolitischer Rohrkrepierer und die CDU-Vorsitzende ideenlos, weil sie mit Emmanuel Macron unbedingt einen Flugzeugträger haben will. Ich sehe es noch kommen, Andrea Nahles wird auch ohne Flugzeugträger und ohne Hilfe durch Markus Söder ihre Partei bei der Europawahl versenken. Macht aber nichts, wenigstens hatte man eine gute Show, ein paar hochfliegende Pläne diskutiert und die Truppe auf Harmonie getrimmt.

Doch es bleibt Rätselhaftes. Nahles setzt darauf, den umstrittenen Paragraphen 13 der Urheberrechtsreform im Europaparlament zu stoppen. Die Justizministerin Katarina Barley (SPD) hat jedoch bereits der Reform zugestimmt und darf sich überdies auf Olaf Scholz als Unterstützer verlassen. Andrea Nahles scheint immer noch nicht begriffen zu haben, dass sich der Wähler nicht mehr veräppeln lässt.

Spiegel-Online sieht allerdings das „klare, linke Profil“ in der Partei. Was ist an der Partei klar, wenn Minister in den eigenen Reihen völlig konträre Haltungen in der Programmatik einnehmen? Gewiss, Die Genossen freuen sich über die scharfen Attacken auf die Union - ganz ähnlich wie Rotzlümmel auf der Straße, die ihrem Anführer anhimmeln, weil er die Kerle aus der Nachbarschaft verbal niederknüppelt.

"Diese Zuspitzung brauchen wir im Wahlkampf", sagt der rheinland-pfälzische Generalsekretär Daniel Stich. "Ohne Polarisierung gibt es keine Mobilisierung." Stimmt, verehrter Herr Stich. Dann aber sollte sie klug, durchdacht, in sich logisch und konsequent sein. So wird das nix, Herr Stich.


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