Wettbewerb der Gauner oder wie wird man am Politiker...
Wollte ich provozieren, würde ich behaupten, dass eine
wertneutrale Demokratie von Nullen beherrscht wird. Die Wirklichkeit ist
schlimmer. Demokratie ist ein wirtschaftlich dominierter, politischer Basar, in
dem, je nach Farbe und Bedeutung der Partei, eine Karriere seinen Preis hat. Und
jeder, der im Basar von Izmir einem durchtriebenen Teppichhändler einen handgeknüpften
Hereke günstig abgehandelt hat, ist für eine parteipolitische Karriere bestens
gerüstet, auch wenn er beim Kauf desselben beschissen wurde.
Eine Binsenweisheit
Aller Anfang ist schwer und deshalb beginnt auch die
Karriere in Parteien ganz unten. Um jedoch in der jeweiligen Vereinsfarbe die politische
Karriereleiter zu erklimmen, ist die berüchtigte Ochsentour - also das
Hocharbeiten über Kommunal- und Landesebene - immer noch der gängige Weg, so
zumindest das offizielle „wording“. Was schert es die Parteispitze, wenn ein
engagierter Überzeugungstäter in ihren Reihen aufgenommen wird, der ambitioniert
die Zukunft mitgestalten will. Engagement, Bildung oder gar Kompetenz sind
kontraproduktiv und eher störend. Hehre Ziele hinderlich. In den Parteien
herrscht der gelebte hierarchische Pleonasmus – angesiedelt irgendwo zwischen
Infanterie und Kanonenfutter.
Erst mal heißt es
Plakate kleben
Man muss eine Menge Kreide fressen, bevor Aussicht auf die
Erlangung eines Listenplatzes besteht. Ab dann wird es ernst, denn ab jetzt
zeigen sich Fähigkeiten wie Heimtücke, Hinterhältigkeit und Verschlagenheit als
ideale Grundlage, um seinen Parteifreund beim Vorwärtskommen zu hindern und um sich
selbst in Stellung zu bringen. Doch unethische Attribute und hinterhältiges
Mobbing reichen bei weitem nicht, um beim beschwerlichen Sprung in die
Landesliste auch einen der oberen Plätze zu erringen. Schon während dieser Zeit
werden die Aspiranten fürs Karriere-Trampolin monatlich mit 200 bis 300 Euro
zur Kasse gebeten. Und damit die Parteien sich mit dieser Zwangsabgabe nicht in
den Fallstricken der Finanzbehörden verheddern, hat das Kind auch einen unverfänglichen
Namen: Aktiver Wahlkampfbeitrag. Da nimmt man auch mal ein gefälschtes
Abiturzeugnis, einen unzulässigen akademischen Grad oder einen getunten Lebenslauf in Kauf. Eintrittsgelder dagegen
sind willkommen. Und wenn so ein schlichter Polit-Parvenu genügend Kollegen und Parteifreunde vor die Wand hat laufen lassen, darf er dabei helfen, das Volk zu regieren.
Diplomatie schönt die
Niedertracht
Hat man sich im Spiel innerparteilicher Täuschungsmanöver
und des gegenseitigen Ausbremsens bewiesen und mit seinem „diplomatischen“
Geschick das Sprungbrett in eine gesicherte Rentenzukunft erreicht, wird’s
teuer. Dann heißt es, das Sparkonto plündern oder im Zweifelsfall die liquide
Verwandtschaft anzupumpen. Um für den Landtag aufgestellt zu werden, werden zwischen
3.000 und 5.000 Euro fällig, gleich welche Partei. Dabei spielt es keine Rolle,
ob das angestrebte Ziel in den Landtag gewählt zu werden, auch erwünschten Erfolg
hat. Selbst wenn doch, ist im Vergleich zu dem bereits erwähnten Teppichhandel
in Izmir der Karriereschritt in den Landtag ein Deal und guten Freunden. Denn
mit dem Mandat sind mit einem gewissen Automatismus lukrative
Aufsichtsratsmandate verbunden, deren Einkünfte mit mindestens 10% an die
Partei dauerhaft zurückgeführt werden müssen. Jeder, der sich für eine Mitgliedschaft in einer Partei interessiert, weiß das. Insofern spielt es auch keine
Rolle, wie hoch der Grad eigener Verblödung ist oder welche innere gesellschaftliche oder parteipolitische Haltung man einnimmt. Im Zweifelsfall keine.
Wahlkampf und
Steuerhäppchen
Jetzt, da einer der wichtigen Schritte getan ist, will der
ehrgeizige Pateizögling auf dem halben Weg zur Glückseligkeit nicht einfach
seine Bemühungen einstellen. Verständlicherweise. Die Verlockung hat einen
Namen. MDB! Mitglied des Bundestages. Auch diese Mitgliedschaft muss man
erwerben. Möglicherweise kann der Aspirant, - ob Genosse oder Christ - sofern
er denn auf der Leiter der Listenplätze die Letzte Sprosse erklommen hat, auf
die reiche Erbtante zurückgreifen. Ab 15.000 Euro Wahlkampfbeitrag kommt er in
den Genuss, in Zukunft mit den großen Hunden pinkeln gehen zu dürfen, auch wenn
er das Bein noch nicht so hochheben kann wie ein etablierter Leitwolf. Der
nämlich hat bereits seine Lobbyisten, die ihm den Betrag ersetzen. Dem
politischen Newcomer dagegen winken mit einer solchen Eintrittskarte stämmige
Eichen – genannt Diäten und Rentenansprüche. Massive Aufsichtsratspfosten am Wegesrand nicht
mitgerechnet. Deutsche Gerichte haben diese Art von Deals zwar längst verboten.
Nutzt aber nichts, denn wer nicht zahlt, wird auch nicht aufgestellt.
Run auf Rente und
Versorgung
7.500 Euro monatliche Zuwendungen winken für Büro für Arbeitsaufwendungen.
Dieser Betrag wird als Basis für zukünftige Rentenansprüche einbezogen und
sorgt somit für eine sorglose Zukunftsperspektive, egal wie schlicht der neue
Politik-Dödel gestrickt ist. Kein deutscher Unternehmer könnte seine Bürokosten
für seine Geschäftstätigkeit in die Rentenberechnung einbeziehen. Nun ja, ich
kann‘s ja verstehen, ich würde die Investition in meinen Schreibtisch auch
gerne verrentet sehen. Was tut man nicht alles für ein Wassergrundstück in
bester Lage und eine sichere Zukunft. So dumm kann niemand sein, allerlei
Unwägbarkeiten im Zuge seiner Karriere in Kauf zu nehmen, auch wenn es mit
eigener politischer Überzeugung nichts mehr zu tun hat.
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