Wieder einmal gerät der Volkswagenkonzern in die
Schusslinie der Staatsanwaltschaft. Bernd Osterloh, Vorsitzender des
Konzernbetriebsrates und Mitglied des Präsidiums im Aufsichtsrat bezog als Arbeitnehmervertreter
ein geradezu fürstliches Gehalt. Manche würden seine Bezüge als großzügige
Apanage zur Sicherung seines standesgemäßen Lebens bezeichnen. Seine Kollegen
würden dessen Einkommen Prämie nennen. Bei einem Monatsgehalt von 55.000 Euro
dürfte er sich da und dort leichter getan haben, Positionen der Arbeitgeber
einzunehmen.
Ermittler durchstöberten, weil schon mal im Haus, auch
gleich die Büros von Finanzvorstand Witter, Aufsichtsratschef Hans-Dieter
Pötsch und die noblen Räumlichkeiten des Personalvorstands Karlheinz Blessing.
Die Staatsanwaltschaft Braunschweig wirft den Managern Steuerhinterziehung und
schwere Untreue zum Nachteil des Unternehmens vor. So oft kann einem der Atem
bei unserer Nachrichtenlage gar nicht mehr stocken, ohne Gefahr zu laufen,
dabei zu ersticken. Wenn nicht ab und zu die Kapitalverbrechen von einigen
Terroranschlägen unterbrochen würden, wüsste man nicht mehr, ob man an einem
Schlaganfall oder doch besser am Darmverschluss krepieren soll.
Kaum habe ich mich von der niederschmetternden Neuigkeit
erholt, schreckt mich die nächste Hiobsbotschaft des Nachrichtensprechers auf. Georg
Fahrenschon, Bilderbuchmanager und Präsident des Sparkassen- und Giroverbandes
hatte sich vier Jahre versehentlich geweigert, dem Finanzamt seine
Steuererklärung vorzulegen. Verschweigen kann er ja, wie viele seiner
Vorstandskollegen auch. Immerhin gehört die Fähigkeit etwas zu verschweigen zur
Führungskompetenz wie die Fähigkeit der Risiko-Einschätzung beim Beschiss. Ich
kann ihn ja zum Teil verstehen. Als Rentner mit Bezügen unterhalb der Armutsgrenze
geht mich das Finanzamt nichts mehr an, obwohl ich auch mal gerne das Finanzamt
…, nein, ich sage es jetzt nicht.
Bereits das Wort Abgasskandal löst bei mir inzwischen
massive Blähungen aus. Nicht etwa, weil die CO2-Werte zum Himmel stinken,
sondern die Art und Weise, wie millionenfacher Betrug im Zusammenspiel
besorgter Verbandsbosse, Politiker und Industrie, die Causa Umweltverschmutzung
in Brüssel gerade glattbügeln. Und das mit dem Anspruch maximaler Verantwortung
gegenüber unbedarften Dieselfahrern.
Beinahe hätte es Matthias Wissmann das Toupet vom Schädel geweht,
als er hörte, dass ein dämlicher Staatsanwalt in den USA hinter das gut
gehütete Diesel-Geheimnis gekommen war. Nun ja, die Kuh musste irgendwie vom
Eis. Als Chef des Automobilverbandes telefonierte er mit dem Kabinettschef des
Kommissionsvorsitzenden Jean-Claude Juncker, dieser dann mit Frau Merkel und im
Anschluss die Kanzlerin mit Sigmar Gabriel. Thema: das Strategiepapier des
VW-Konzerns, abgezeichnet vom Landeschef Niedersachsen. Es gab „Anpassungsbedarf“.
Jetzt werden sie es in Berlin richten, die Jamaikaner!
Es scheint, als gehöre massenhafter Betrug,
Steuerhinterziehung und dubiose Schmiergeldzahlungen zum erfolgreichen
Geschäftsmodell der Vorzeigeunternehmen Deutschlands. Die Tatsache, dass das
Land Niedersachsen mit 30% Anteile an VW beteiligt ist und die
Ministerpräsidenten des Landes stets als oberste Aufseher im Aufsichtsrat darüber
wachen, dass Autokäufer nicht nur in der Vergangenheit, sondern auch in Zukunft
optimal betrogen werden, bringt mich spontan auf einen verwegenen Gedanken.
Unsere Politiker brauchen jetzt unbedingt Jamaika, um sich mit gutem Gewissen
bei der ehrenwerten Gesellschaft vereinigter Bananenrepubliken endlich als
Vollmitglied zu empfehlen. Die Chancen steigen stündlich.
Wikipedia definiert den Begriff wie folg: Bananenrepublik
ist die abwertende Bezeichnung für Staaten, in denen Korruption und
Bestechlichkeit vorherrschen, deren Rechtssystem nicht funktioniert,
wirtschaftliche oder politisch-moralische Verhältnisse von Ineffizienz und
Instabilität geprägt sind oder in denen staatliche Willkür herrscht oder denen
diese Eigenschaften zugeschrieben werden.
Wenn ich nur die ersten beiden Begriffe Korruption und
Bestechlichkeit aufgreife, so kann ich gar nicht so schnell denken, wie mir
Bestechungsskandale, Steueraffären und Betrugsskandale von epischen Ausmaßen
einfallen. Die Mehrzahl der knackigen Gaunereien lösten sich im Dunst
undurchsichtiger Auflösungsprozesse mit günstigem Ausgang für die Betroffenen
auf. Übrigens, zumeist integre und hoch geschätzte Mitglieder mit
Vorbildfunktion, an denen sich die Mitglieder unserer Gesellschaft orientieren.
Schlecker, Hoeneß, Middelhoff, Zumwinkel, ach man könnte
unendlich viele Namen aneinanderreihen, die sich um die Moral unserer Kinder und
gesetzestreuen Angehörigen der Gesellschaft verdient gemacht haben. Bei den
Panama- und Paradise-Papers, die der TV-Sender zur besten Tatortzeit als
atemberaubende Kapitalverbrechen mit Unterhaltungswert serviert, dämmert‘s ihm
allmählich - dem Otto-Normalverbraucher. Er wird sich vermutlich bald dazu
entschließen, seinen in früher Kindheit eingerichteten Kompass in Sachen
Ehrlichkeit und Moral neu einzunorden. Die neue Korrelation heißt jetzt: Je
höher die Steuerhinterziehung, je dreister der Betrug, je krimineller das
Verbrechen, desto wahrscheinlicher ein erfolgreiches Happy End.
Der Staat selbst ist einer seiner überzeugendsten
Beispielgeber. Er mischt beinahe immer kräftig mit und kaum jemand en sollte
diese Tatsache überraschen. Selbst Transparency International hat im Januar
2017 eine Studie veröffentlicht, nachdem deutsche Behörden zunehmend gerne mal
die Hand aufhalten - vor allem in den Kommunen. In der Rangreihe
unbestechlicher Beamter steht Deutschland im Rennen um „Bares im Briefumschlag“
auf Rang 37, von Italien sogar weit abgeschlagen. Bei uns allerdings heißen sie
Mafiosi und die Zahlungen nennt man Schutzgeld.
Wie geschmiert lief die Vergabe eines 35 Hektar großen
Baugebiets an eine spendable Firma in Regensburg. Seit Wochen sitzt Rathauschef
Joachim Wolbergs (SPD) wegen Korruptionsverdachts in Untersuchungshaft. Auch
gegen dessen Amtsvorgänger Hans Schaidinger (CSU), den früheren Vorsitzenden
des bayerischen Städtetags, wird ermittelt. In Ingolstadt stehen 13 Personen in
einer Korruptionsaffäre um die örtliche Klinik im Visier der
Staatsanwaltschaft.
Der Leser sollte sich dennoch keine übermäßigen Gedanken
machen, Korruption ist überall zu Hause. Und in Knast gehen nur die ganz kleinen
Fische. Beispielsweise beim exzessiven Schwarzfahren im Stadtbus.
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