…jetzt erhebt er sich wieder wie Phönix aus der Asche, frisch
geliftet, mit neuen, schneeweißen Zähnen, brauner implantierter Haarpracht und
vermutlich mit mindestens einer Tagesration Viagra in der Jackentasche. Man
kann ja nie wissen, welcher Hase ihm gerade in die Quere kommt.
Wieder einmal hat es Silvio Berlusconi geschafft.
Das Rennen bei den Regionalwahlen in Sizilien am Sonntag hat der von ihm gegen
den Widerstand seiner Verbündeten durchgesetzte Kandidat Nello Musumeci
gewonnen, und zwar mit 38 Prozent der Stimmen. Ein knapper Sieg, denn der
Kandidat der 5-Sterne-Bewegung, Giancarlo Cancelleri, folgt mit 36 Prozent.
Aber immerhin, der Potenzprotz von Pfizers Gnaden hatte den richtigen Riecher. Es schaffte in Sizilien in
einer Probewahl aus dem Stand auf 40%, eine fürwahr nicht zu unterschätzende,
starke Kraft. Mit dem Gedankengut Mussolinis im Gepäck straften sie die
Sozialdemokraten ab.
Ähnlich wie bei der Bundestagswahl erlebten die Sozis in Italien
ein Wahldebakel ohnegleichen. Es ist sogar damit zu rechnen, dass sich die
Verluste bei den Wahlen auf dem Festland massiv verstärken werden. Der Urnengang
auf Sizilien wurde im Hinblick auf die italienische Parlamentswahl Anfang
kommenden Jahres aufmerksam verfolgt: Der in zahlreiche Skandale verwickelte
Berlusconi plant eine Allianz seiner rechtsgerichteten Forza Italia mit der
ultrarechten Lega Nord. Zwar darf Silvio, der Potenzprotz von Viagras Gnaden,
nach einer Verurteilung wegen Steuerhinterziehung kein öffentliches Amt mehr
bekleiden, kann sich aber sicher sein, dass sein Geld, seine Popularität, sein
Einfluss und seine Macht ausreichen, dieses Verbot aus den Angeln zu heben.
Nicht nur in Italien ist die Rückkehr zu nationalen Werten zu
beobachten, im Vordergrund steht immer mehr die Bewahrung der eigenen,
kulturellen Identität, die wachsende Ablehnung fremder Einflüsse in Verbindung
mit der Angst vor Verdrängung aus dem eigenen Umfeld. In ganz Italien kann man
die Wut spüren, die sich gegen die europäische Flüchtlingspolitik richtet und
wie ein Katalysator für die Wiederbelebung nationalistischer Denkweisen wie zu
Zeiten Mussolinis wirkt. Das kann für Europa das baldige Aus bedeuten. Die
quasi-Aufhebung des Schengen-Abkommens durch Sicherung der Grenzen in halb
Europa ist bereits ein sichtbarer Beginn der Auflösung, wenngleich von allen
Politikern der innere Grenzschutz gerne bagatellisierend als temporäre Lösung beschrieben
wird. Sie ist irreversibel, das kann man heute ohne Not feststellen.
Auch wenn der Begriff „Populist“ negativ belegt ist und heute
eher als Schimpfwort oder als Beleidigung herhalten muss, sei hier dezidiert
erklärt: Populismus ist nichts anderes als eine Meinung aus dem Volk. Und
insofern sprechen die Erfolge der Rechtspopulisten in Italien, Frankreich,
Österreich, Polen, Tschechien oder Ungarn eine deutliche Sprache. Sie
drücken in erster Linie die Unzufriedenheit mit den regierenden politischen
Eliten aus. In nahezu ganz Europa muss kann man den starken Rückgang des
Vertrauens in Parteien und allgemein in die politischen Eliten beobachten. In
den genannten Ländern ist die mentale Sehnsucht nach einem souveränen
Nationalstaat kaum noch zu übersehen.
Nicht zu unterschätzen sind europaweite Ängste vor dem
Terrorismus und vor den Folgen der „Flüchtlingskrise“, ausgelöst durch die
Bundeskanzlerin Merkel. Das jedenfalls ist die verbreitete Meinung der Bürger
in der EU. Das Problem besteht aber in erster Linie darin, dass die etablierten
Politiker die wirtschafts- und sicherheitspolitischen Ängste bedeutsamer
Menschengruppen entweder nicht wahrgenommen oder in ihrer Arroganz und Anmaßung
darauf erst gar nicht reagiert haben. Erschwerend kommt hinzu, dass wir es in
der Europäischen Union mit diffusen Machtstrukturen zu tun haben, die der
Bürger nicht mehr durchschaut. Es gibt kein einziges Machtzentrum, das im
Wahlprozess zur Rechenschaft gezogen werden könnte, sollte „etwas schief gehen“.
In Deutschland konnte die AfD Erfolge bei den Bundestagswahlen
feiern und wurde sogar die zweitstärkste Kraft in Sachsen-Anhalt. Auch hier
könnte man den „Rechtstrend“ als Ausdruck von Sehnsucht nach einem neunen,
nationalen Bewusstsein, ja, auch mit dem Wunsch nach "vernünftigem"
Patriotismus interpretieren. Man will wieder stolz auf sein Land sein. Nicht
anders in Frankreich. Beim ersten Wahlgang der französischen Regionalwahlen im
Dezember wurde die „Front National“ die stärkste Partei. Im März 2016 zog die
rechtsextreme „Volkspartei Unsere Slowakei“ neben anderen rechten und
euroskeptischen Gruppierungen in den Slowakischen Nationalrat ein.
Wie es scheint, haben satte, einfältige und selbstherrliche
Europapolitiker nicht nur „autokratisch“ über die Köpfe der Bürger hinweg
regiert, sie haben die Bedürfnisse der Bürger auch nicht verstanden. Ich
unterstelle, dass die Mehrheit unserer Politiker zwar versucht haben, das
„Richtige“ für die Bürgerinnen und Bürger zu tun, ohne jedoch ihre Meinung dazu
hören zu wollen. Nur Frau Merkel nicht, sie steht für bunte Damenblazer,
Rhombus und ihre alternativlose Meinung. Sie wird sich noch wundern, nun kommen
die Rechtspopulisten in Schwung. Sie erzielen ihre Erfolge auf Basis von
Unzufriedenheit mit dem selbstherrlichen Diskurs aller politischen Eliten, die
mit „alternativlosen“ – de facto mit autokratischen Lösungen argumentieren.
Nun hat sich auch die deutsche Politik mit ihrer weltfremden
Willkommenskultur etwas eingebrockt, was sie in ihren soziologischen und
gesellschaftlichen Auswirkungen vermutlich nicht mehr auslöffeln kann, völlig
egal, welche Regierung bei uns das Rennen machen wird. Parallel entwickelt sich
bedeutsamer Unmut über die Verschuldungsquote der europäischen Länder, für die
kaum ein Bürger noch Verständnis zeigt. Desolate Steuersysteme, unzureichende
Sicherheitskonzepte, unfähige Administrationen, ungerechte Vermögensverteilungen
und soziologische Brandsätze in Form von Flüchtlingsbewegungen verschärfen die
Situation in Europa.
Berlusconi wird Brüssel ebenso auf die Füße fallen wie Macron
oder Orban. Nationale Strömungen und die Wiederbelebung starker, politischer
Führer sind vom Osten und Süden her auf dem Vormarsch, auch nach Deutschland.
Ich fürchte, Frau Merkel lebt noch immer in ihrem Wolkenkuckucksheim und freut
sich bei ihren Sondierungen auf die Häppchen in den Verhandlungspausen.
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