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Die rote Schlangengrube

Die Personalie Martin Schulz ist vom Tisch. Ich habe es kommen sehen, zumal sich die Geschichte bis heute wiederholt. Natürlich käme ich nicht im Entferntesten auf die Idee, den Mann aus Würselen mit Caesar vergleichen zu wollen, wohl aber seine Genossen mit den Mördern des Potentaten. Gaius Suetonius Tranquillus hat vor 2000 Jahren beschrieben, wie die Verschwörer Caesar umringt hätten. Caesar rief empört aus: "Das ist Gewalt!", während Casca ihm den ersten Dolchstoß versetzt habe. Caesar hat in seiner ausweglosen Lage sein Haupt verhüllt und kein Wort mehr vernehmen lassen. Brutus gab ihm dann denn Rest. Wie man sieht, Martin Schulz hat zu wenig gelesen, obgleich er doch Buchhändler war.


Dass politische Parteien kein Hort gutherziger Zeitgenossen oder gar eine von ehrlicher Überzeugung strotzende Kameradschaft ist, in der man für eine gemeinsame Sache kämpft, darf man seit Bestehen solch politischer Ansammlungen getrost vernachlässigen. Verschwörungen sind dort Alltag. Es gibt kaum eine menschliche Gruppierung, in der es intriganter, verlogener und durchtriebener zugeht, als in der Politik. Messer allerdings, werden heutzutage nicht mehr verwendet, um den Parteivorsitzenden zu meucheln.

Die so genannten demokratischen Karriere-Prozesse sind nichts anderes als ein wirtschaftlich dominierter, politischer Basar, in dem, je nach Farbe und Bedeutung der Partei, Karrieren nicht nur ihren Preis haben. Sie verlangen auch ihre Opfer. Jeder, der im Basar von Izmir einem gerissenen Teppichhändler einen handgeknüpften Bidjar günstig abgehandelt hat, darf für sich in Anspruch nehmen, für eine parteipolitische Karriere gerüstet zu sein, obwohl er beim Kauf desselben, ohne es zu bemerken, trotzdem beschissen worden ist. Martin Schulz kann ein Lied davon singen. Er hat sie sich von seinen Parteifreunden gleich Dutzendweise andrehen lassen.

Was schert es die Parteispitze, wenn ein engagierter Überzeugungstäter in ihren Reihen aufgenommen wird, der ambitioniert die Zukunft mitgestalten will. Engagement, Bildung oder gar Kompetenz sind kontraproduktiv und eher störend. Hehre Ziele hinderlich. In den Parteien herrscht der gelebte, hierarchische Pleonasmus – angesiedelt irgendwo zwischen Infanterie und Kanonenfutter und zwischen Sumpf und Hinterhalt.

Kaum hat man sich im Spiel innerparteilicher Täuschungsmanöver und durch hinterfotziges Ausschalten der Parteifreunde nach oben gekämpft, ist optimale Scheinheiligkeit angesagt. Bürgerwünsche müssen hintenanstehen, Wahlergebnisse…? Uninteressant. Parteiprogramme…? Unwichtig. Nur mit maximaler Verschlagenheit und heuchlerischen Visionen rückt man dem Chefstuhl näher, um im Anschluss dem Wählerwunsch die lange Nase zu zeigen. Charakterliche Trauerfälle haben hier die besten Chancen, da sie dank fehlender Moral jene aus dem Feld schlagen, die sich noch mit einem letzten Rest von Anstand herumquälen.

Kaum hatten die Genossen die Parteispitze vom Buchhändler gesäubert, meldete sich Sigi der Geschasste zu Wort. Immerhin hatte er noch eine Rechnung offen und beklagte sich öffentlich darüber, dass sich Martin der Bärtige an keinerlei Versprechen hielte. Ob gut die versteckte Häme des entmachteten Außenministers Gabriel Genugtuung bereitete, weiß nur er selber. Immerhin, die SPD bleibt ihrem intrigant-heimtückischen Stil treu und zersägt sich systematisch weiter. Masochistische Armleuchter haben einfach nichts Besseres verdient. Eines steht fest: Kein anständiger Bürger könnte in seinem privaten Umfeld so viel Charakterlosigkeit ertragen.

Sogar aus Würselen hört man scharfe Töne. Martins Schwester fiel mit scharfen Worten über die Genossen her und kritisierte die Führungsriege der SPD. "Martin ist an allem Schuld", meinte Frau Harst. "Andrea Nahles, Olaf Scholz und andere machen ihn zum Sündenbock für alles." Nun ja, wer mit Gabriel, Scholz, Nahles und Stegner in einer Schlangengrube sitzt, sollte sich seiner eigenen Unverwundbarkeit nicht zu sicher sein.

Mit einem gewissen Schaudern blicken die Kollegen aus der CDU auf die suizidalen Kampfeinsätze bei der SPD. Jeder gegen jeden, und das mit gut einstudierter Unschuldsmiene. Angela Merkel sollte genau hinschauen. Denn ihr stehen ähnlich tückische Angriffe bevor. Eine Kanzlerin, die ohne Not alle wichtigen Ämter an die Feinde abgibt, um ihren Stuhl zu retten, sollte sich auf ein ähnliches Schicksal vorbereiten. Es herrscht bereits Merkeldämmerung. Ihre Parteifreunde werden es schon richten. Das Wahlvieh steht derweil auf der abgefressenen Weide und wartet vergeblich auf den warmen Regen.

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