Man muss heutzutage vorsichtig sein, was man sagt, zumal der Verfassungsschutz in Zukunft streng darauf achtet, wer, wann was tut, sagt, schreibt, denkt oder fühlt. Selbst eine missmutig verzogene Miene kann Anlass für eine Rundum-Überwachung durch unsere professionellen Staatskundschafter und Hobbydenunzianten werden.
Nachdem die Covid-Leugner und Aluhüte nahezu nahtlos durch herzlose Ukrainekritiker ersetzt wurden, laufen unsolidarische Verbreiter von subversiver Blasphemie Gefahr, dass Berlin die Reichsacht verhängt – genauer gesagt – Russlandfreunde werden für rechtlos und verbal für vogelfrei erklärt und aus unserer Gesellschaft verstoßen.
Schon deshalb ziehen die Deutschen alle an einem Strang. Ohne die geringste Gegenwehr bezahlen sie seit einem Monat für alle Dienstleistungen und Waren 30 bis 40 Prozent mehr, frieren für den Frieden, essen keine Rinderfilets, verschmähen Vodka, Dostojewski und Tschaikowski, verzichten auf teure Familienurlaube und bleiben den Banken in Zukunft die Raten fürs Eigenheim schuldig. Solidarität ist eben teuer, das ist die einhellige Meinung der Grünen, während unser Vizekanzler Habeck zu Motivation der Wähler erklärte, dass Sanktionen gegen den verhassten Russen vorwiegend den Deutschen schaden werden.
In der unerfreulichen Gemengelage solidaritätsbedingter Plünderungen deutscher Brieftaschen und exorbitanter Benzinpreise meldet sich nun Saskia Esken - stellvertretende Bundesvorsitzende der SPD zu Wort. Sie hat die Lösung zur Entlastung des Autofahrers, der inzwischen kaum noch die Fahrt zu seinem Arbeitsplatz finanzieren kann. Sonntags-Fahrverbot. Ein Wort voller Magie und Abstinenz - die Ölkrise von 1973 - eine nostalgische Erinnerung drängt sich auf. Was Christian Lindner unter Einsatz seiner maximalen Inkompetenz verkackt hat, kann Saskia mit autofreien Sonntagen wiedergutmachen. Mit ihrer positiven Ausstrahlung gilt sie in Deutschland als Sympathieträgerin, die sich auch bei schwerwiegenden Bürgerentscheidungen großer Zustimmung sicher sein kann, mögen sie noch so realitätsfremd sein.
Grandiose Geistesblitze dieser Qualtät sind nur solchen Personen möglich, die selbst ein ganzes Leben lang in der Diaspora intellektueller Ausgrenzung verbracht haben, bevor sie mit ihrer politischen Karriere von sich Reden machten. „Wenn Autofahrer am Sonntag nicht fahren dürfen, holen sie die versprochenen 30 Cent Nachlass an den Tankstellen locker wieder herein“, so ihre zwingende Logik. Überdies spare das Auto in der Garage insgesamt sehr viel Energie ein, die wir womöglich im Winter dringend benötigen.
Christian Lindner will den Vorwurf nicht auf sich sitzen lassen, auch wenn böse Zungen behaupten, sein mühsam erdachtes Entlastungspaket sei den geldgierigen Ölkonzernen zugutegekommen, nicht etwa den Verbrauchern. Die Häme aus der roten Ecke ist für den Politiker nicht leicht zu verkraften, vor allem, weil sie berechtigt ist.
Ähnlich wie seine intellektuell ausgegrenzte Kollegin von der roten Konkurrenz, geht jetzt Christian mit einer sponatenen Erklärung in den Angriff über, einer Idee, die nur ganz wenigen mental Ausgeschlossenen eingefallen wären. „Ohne staatliche Unterstützung von 30 Cent an der Tankstelle wäre der Sprit jetzt noch viel teurer.“ Da könnte etwas dran sein, zumal der Verdacht naheliegt, dass unser gelber Finanzexperte gemeinsam mit den Bossen der Ölkonzerne den Gewinnsprung schon vor Monaten mit dem Ziel ausbaldowerte, endlich mit einem Erfolgserlebnis beim Wähler zu glänzen.
Das Leben ist ein Geben und Nehmen. Niemand weiß das besser als die Ölkonzerne und haben den Part des Nehmens übernommen. Mehr als 80 Cent pro Liter Aufschlag in vier Monaten an der Zapfsäule, ein eleganter Solidaritätsbeitrag, der immerhin 80 Cent Mehreinnahmen je Liter und gleichzeitig erkleckliche Summen zusätzlicher Umsatzsteuern in Lindners Kasse spült.
Der Trick: Nach
einer „Solidaritätsschamfrist“ verkündet unser Finanzminister voller Stolz den geschröpften
Autofahrern: Der Staat muss angesichts dieser Preisentwicklung den Pendlern und Arbeitnehmern mit 30 Cent unter die Arme greifen (Der Rest soll gefälligst zuhause bleiben). Eine Anlehnung an Saskias Idee, ohne in den linken Geruch zu kommen, mit Fahrverboten ins Gerede zu kommen. Doch auch diese Logik erschließt sich den Bürgern nicht und ging, wie alles im Leben des Herrn Lindner, nach hinten los.
Zum
Glück ist Saskia Esken und die SPD angesichts der bevorstehenden Dienstreise unseres Kanzlers in die Ukraine, beherzt vorgeprescht. Und wenn ich den Besuch von
Scholz in Kiew richtig einschätze, wird er dort mit warmen Worten und diffusen Hilfsangeboten aufschlagen, und anschließend unsere
Solidarität mit der Ukraine mit der kollektiven Stilllegung aller Privatfahrzeuge
beantworten. Irgendwie muss der Russe in die Knie gezwungen werden.
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