Im 17. bis zum 19. Jahrhundert nannte man den Bürgermeister
einer Gemeinde Dorfschulze. Seit dem 21. Jahrhundert ist es sogar möglich,
dass er als solcher ein Präsidentenamt im Europaparlament einnimmt. Nicht mehr
lange, wie man hört. Martin Schulz, der gelernte Buchhändler hat sich Berlin
zurückgemeldet und beinahe jeder Parteigenosse hat sich gefragt, was er dort
will?
Kaum anzunehmen, dass Martin der schönen Stadt Brüssel den Rücken
kehren will, weil sein Gehalt zu niedrig ist. Nun ja, seit bekannt wurde, dass
Franz Walter Steinmeier unser zukünftiger Bundespräsident werden soll, wird ein
warmes Plätzchen auf einem Ministersessel frei. In der SPD macht man trotzdem ein großes
Geheimnis draus, was man mit diesem Schulz anstellen und wie der Schlachtplan gegen Merkel und die Verteilung der
Pöstchen aussehen soll. Beide Choleriker scheuen bekanntlich keine Konflikte.
Daher dürfte das Messerwetzen um Pfründe, Posten und Titel hinter den Kulissen in vollem Gange zu sein.
Denn eines ist klar, wenn ein Europaparlamentarier scharf
auf einen weniger gut dotierten Posten ist, macht das misstrauisch. Wieso also
sollte Schulz plötzlich kleinere Brötchen backen wollen, wenn er in einer
gigantischen Geld-Selbstbedienungsmaschine den Vorsitz hat? Dann also
Kanzlerkandidat? Sehr riskant. Riskant schon deshalb, weil der füllige
Gabriel bekannt dafür ist, ziemlich sperrig zu sein. Außerdem ist kaum damit zu
rechnen, dass Mutti Merkel nicht wiedergewählt wird. Was dann? Etwa
Kampfabstimmung zwischen zwei Alphatieren, wenn es soweit ist? Immerhin
bestünde für den Dorfschulzen die Gefahr, weder Kanzler noch Außenminister zu
werden, wenn‘s schiefgeht.
Man muss die Sache vielleicht aus einem ganz anderen
Blickwinkel betrachten. Schauen wir in diesem Zusammenhang nach Frankreich und
Italien. In beiden Ländern besteht die latente Gefahr, dass sich die dortigen
Hardliner durchsetzen, die den Europa-Austritt präferieren. Hat unser Martin
etwa Insider-Informationen? Fürchtet er, dass Italien und Frankreich dem britischen Modell Brexit folgt, und lässt Schulz die europäischen Bürger darüber im Unklaren? Ahnt
man in Brüssel etwa schon, dass die Europa-Missbildung in sich zusammenfallen wird, wie
ein Kartenhaus, weil man vor nicht mehr zu bewältigenden Problemen steht? Ich
fürchte, es wird in den heiligen Hallen Europas schon lange Wein gepredigt und Leitungswasser getrunken,
weil nicht sein kann was nicht sein darf.
Wäre es so, würde das Heimweh von Martin Schulz Sinn auch
machen, ganz nach dem Motto: Die Ratten verlassen rechtzeitig das sinkende
Schiff. Auch umgekehrt stimmt's manchmal: Wer das sinkende Schiff verlässt, ist
eine Ratte, aber soweit wollte ich dann doch nicht gehen. Aber ein warmes Nest
im Parteienschoß hat ja auch was, bevor man unversehens gehen muss und schnell einen neuen Job braucht.
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