In angemessenem Schwarz trat sie an das
Rednerpult. Sogar die Halskette war farblich abgestimmt. Und dann? Floskeln als
Krisenbewältigung, so könnte man das Berliner Theaterstück zusammenfassen und
damit wäre beinahe alles gesagt. Die Sorglosigkeit übertrifft sogar die
Betroffenheit unserer Regierungs-Elite, abzulesen bei der Ansprache unserer
Kanzlerin an die Bürger Berlins und im ganzen Land. Frei von jeglicher Empathie
mit den Worten: „Das ist ein schwerer Tag.“ Dann spulte sie ihre hölzerne Rede
mit ihrem dem Anlass angepassten Vokabular herunter. In gleicher Tonlage und mit
den gleichen Worthülsen hätte sie auch die Zahlen des Bundeshaushaltes von 2016
vortragen oder ein Busunglück auf der Autobahn kommentieren können.
Apropos vortragen – es müsste heißen „vorlesen“. Unsere
Regierungschefin rezitiert mit nahezu unbeteiligter Miene abgedroschene
Adjektive: erschüttert, entsetzlich und tieftraurig, ohne dass man an ihrer
Physiognomie oder ihrer Haltung echte Trauer, Entsetzen oder gar den Anflug
persönlicher Betroffenheit über die Tat hätte ablesen können. Hilflose Gestik
und ein Blick wie eine kranke Bulldogge, mehr zeigt sie nicht. Von energischer
Entschlossenheit keine Spur. Man will die Tat bestrafen, nicht etwa den Täter,
so hört man. Dass es sich um einen terroristischen Anschlag handelt, wird nur
beiläufig erwähnt. Himmel, welch ein Armutszeugnis.
Was, bitte, glauben diese Herrschaften, erwarten die
schockierten Bürger von den politischen Führern? Doch wohl Entschlossenheit und
nicht Lippenbekenntnisse, doch wohl wirkungsvolles Handeln und nicht Formalien
wie: Es bestehen Kontakte zum Bundespräsidenten, zum Innenminister und zum
Berliner Regierenden. Wir haben die Mitglieder des Sicherheitskabinetts
einberufen. Nichtssagender und banaler geht’s nicht. Ratlosigkeit
sucht keine Begründung, Tatenlosigkeit sehr wohl. Da helfen auch nicht die
salbungsvollen Worte unseres Präsidenten, der im pastoralem Timbre seine
Abscheu zeigt, ohne dabei zu vergessen, dass man Muslime nicht
grundsätzlich verurteilen darf. Doch unsere Regierung muss sich nun sagen lassen: Ob Ansbach, Würzburg, München, Freiburg oder jetzt Berlin - nichts zersetzt das Vertrauen der Bürger in die Sicherheit ihres
Gemeinwesens nachhaltiger als staatlicher Kontrollverlust.
Das Ganze gipfelte im
Anschluss mit einem gut inszenierten und vor allem fotogenen Gang an den Ort
des Geschehens. Merkel, de Maizière, Steinmeier und Bürgermeister Müller,
ausgestattet mit jeweils einer weißen Rose, versammeln sich in stillem
Gedenken, und verharren wie einer Regieanweisung folgend, am Tatort. Als hätte
man die Dramaturgie vorher ein paar Mal im Keller des Bundeskanzleramtes geübt,
beugen sie sich hinunter an den mit Blumen übersäten Tatort und legen synchron
ihr Blümchen ab. Gierige Objektive fangen diesen Zirkus medienwirksam auf und
verbreiten staatstragende Betroffenheit auf allen Kanälen.
Kein Wort über den polnischen LKW-Fahrer,
kein Gedanke, dass man der Familie in Polen seine Anteilnahme aussprechen
könnte. Stattdessen findet sich vor der Haustür des Spediteurs eine Horde wild
gewordener Journalisten ein, die eine mögliche Beteiligung wittern, wohl in der
Hoffnung, dass die Tat um Himmels Willen nicht von einem Moslem begangen wurde
– weil etwas nicht sein kann, was nicht sein darf. Hat irgendjemand aus der
Regierung der polnischen Familie kondoliert? Immerhin, wenigstens unsere
Polizeikräfte tun, was sie können. Ihnen zolle ich Respekt.
Nun ja – jetzt ist es amtlich. Die IS hat seine Hand im
Spiel und ich glaube nicht, dass Frau Merkel in Zukunft ruhig schlafen kann.
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