Bis vor einem Monat wurde Martin Schulz von seiner SPD noch
als Messias gefeiert, als Heilsbringer, und viele seiner Anhänger beteten ihn
mit unterwürfiger Attitüde an, als würde er in Bälde den deutschen Thron besteigen.
Und er? Er gibt sich bescheiden, pflegt sein Image als Saubermann und will dem
kleinen Bürger zu mehr Gerechtigkeit verhelfen. In Talkshows, bei Reden und
Interviews gibt Martin Schulz sich gerne als einfacher Mann aus dem Volk,
spricht am liebsten über „soziale Gerechtigkeit“ und avanciert mit seinem
biedermännischen Gehabe allmählich zum Brechmittel.
Doch seit einigen Wochen ist es ruhiger
geworden, um den fressgierigen Bücherwurm. Der fein aufgetragene Klarlack um
seine Person scheint nicht nur porös geworden zu sein, nein, an manchen Stellen
blättert er ab. Jetzt, nachdem ihm das EU-Parlament kurz vor den
Bundestagswahlen eine offizielle Rüge wegen fragwürdigem Umgang mit seinem
Personal und deren Vergütung erteilt, wird er nicht daran vorbeikommen, sich
bei OBI mit rotem Farblack neu einzudecken.
Ah ja, denke ich mir und stöbere in den
Dreckspuren von König Martin. Ich will jetzt genauer wissen, was da los war.
Die Rüge des Europaparlaments bezog sich auf das Gebaren, das Schulz als
Parlamentspräsident des EU-Parlaments (2012 bis 2017) im Hinblick auf die
Bezahlung seiner engsten Mitarbeiter an den Tag legte. Im Mittelpunkt der
Vorwürfe stehen Privilegien, die Schulz seinem heutigen Wahlkampfmanager Markus
Engels im Jahr 2012 laut Einschätzung der Parlamentsmehrheit zugeschanzt haben
soll.
Schulz soll überdies seinen Vertrauten
auf „Dauerdienstreise“ geschickt haben. Engels sei in Brüssel angestellt
gewesen, habe aber von seinem bisherigen Wohnort Berlin aus seine Aufgaben
versehen. Dafür habe er 16 Prozent Auslandszulage zusätzlich zu seinem
Grundgehalt bekommen plus Tagesspesen, ohne überhaupt je reisen zu müssen. Ein
Handelsreisender in Damenunterwäsche würde wegen vorsätzlichen und dauerhaften
Spesenbetruges sofort vor die Tür gesetzt und verklagt werden.
Gemeinheit, protestieren die Genossen.
Solcherlei Schmutzkampagnen aus Brüssel sind natürlich vom politischen Gegner
lanciert, schallt es aus den roten Ecken. Das alles geschehe nur, um den armen
Martin zu diskreditieren. Freundlichere Genossen lenken ab und verweisen auf
wichtigere Themen in der Politik. Nordkorea, Trump und die französischen
Wahlen, beispielsweise. Sie hätten dieser Tage Vorrang. Na, sowas! Die CDU, die
Pegida, die AFD und die Linken sind schuld, wenn der SPD-Vorsitzende mit charismatischer Energie und maximaler Verve in die
Kasse greift und ein wenig lockerer mit fremden Geld umgeht, als der gemeine
Bürger. Mir scheint, die immer noch euphorisierten roten Parteigenossen hoffen
auf das extrem kurze Gedächtnis des wählenden Bürgers.
Eines ist unübersehbar. Schulz, der
Bärtige, hat gleich mehrere Problemzonen. Er verwechselt Vorbildfunktion und
Integrität mit Habgier und Geltungsdrang. Mit dem Euro nimmt er es nur dann
ganz genau, wenn es in seine eigene Tasche fließen soll. Aber sind wir Bürger
das nicht schon längst gewöhnt? Man möchte aus purem Humanismus dem roten
Buchhändler die Absolution erteilen: ego te absolvo a peccatis tuis (ich
spreche dich los von deinen Sünden) – aber ehrlich gesagt – ein paar
Rosenkränze zu beten - das wäre mir zu billig.
Deshalb... so leicht kommt er mir nicht
aus, dieser biedere Raffzahn. Denn das EU-Parlament rügte weiter, dass Schulz
Mitarbeiter für parteipolitische Zwecke eingesetzt habe. Das Parlament weist
darauf hin, dass die EU-Beamten mit dem Geld der Steuerzahler bezahlt werden.
Es soll nicht dazu dienen, Presse- oder andere Mitarbeiter für die Beförderung
nationaler, politischer Interessen eines Präsidenten einzusetzen.
Das Europäische Amt für
Betrugsbekämpfung (Olaf) erklärte, es wolle dennoch kein Ermittlungsverfahren
gegen Schulz einleiten. Na, da hat er ja noch mal Glück gehabt, der Gottgleiche
und man fragt sich: Weshalb? Lag es an seinen gottgleichen, überirdischen
Fähigkeiten? Kein Parteivorsitzender vor ihm hat es bislang schneller
geschafft, sich ins ethisch-moralische Abseits zu stellen, als Martin Schulz.
Nun ja, irgendeine Fähigkeit muss man ja haben. Jedoch ist nicht damit zu
rechnen, dass er am Pfingsten gen Himmel fährt.
Ich will‘s mal so sagen: All das sieht
für Schulz trotzdem nicht gut aus, für den Mann, der angetreten ist, mit dem
Thema Gerechtigkeit in den Bundestagswahlkampf zu ziehen. Aber wieder einmal
lebt uns ein Mitglied der Polit-Elite vor, auf welche Weise man Steuerzahler am
schönsten und effektivsten bescheißen kann, ohne dass es irgendwelche Folgen
für ihn hat. Denn zurückbezahlt werden muss nichts. Es wird auch kein Gericht eingeschaltet.
Und die deutsche Öffentlichkeit interessiert sich für seine Hinterlassenschaft
im Europaparlament sowieso nicht.
Kommentare
Kommentar veröffentlichen
ich freue mich auf jeden Kommentar