Wir haben es hinter uns, das Duell der Hoffnungslosigkeit,
ja, des harmonischen Schlagabtausches, bei dem jeder dem Anderen unerträgliche
Freundlichkeiten um die Ohren gehauen hat. Wie sagt der Volksmund? Unter den Blinden
ist der Einäugige der König. In diesem Falle hatten wir es mit der weiblichen
Ausgabe einer Sehbehinderten zu tun. Ihr gegenüber Einer, der nur allzu gerne
mit großen Hunden pissen gehen würde, aber das Bein nicht hoch genug bekommt.
Phasenweise bekam man das Gefühl, Martin Schulz wolle im Oktober heimlich Frau
Merkel wählen.
Unsere Kanzlerin hatte leichtes Spiel gegen das
intellektuelle Leichtgewicht, aber das war wohl auch schon vorher klar. Merkel
zeigte sich faktensicher, „staatsfraulich“ und abgebrühter und ließ Schulz
abperlen wie Wasser an einer Fettpfanne. Während sich der König der SPD beim
Moderatoren-Team andauernd bedankte, dass sie ihn überhaupt etwas fragten,
bedachte ihn unsere aller Kanzlerin mit süffisantem und manchmal sogar
amüsierten Lächeln. Kein Wunder, der rhetorische Tiefflieger hechelte den
Kanzlerargumenten hinterher wie ein Hündchen, das ab und zu auch mal erregt
kläfft. Es liegt in der Natur der Sache, dass sich ein Pinscher nur schwer bei
einem Rottweiler durchsetzen kann.
„Darf ich Ihnen eine Zwischenfrage stellen?“, wandte sich
der gelernte Buchhändler während eines kurzen aber harmonischen
Schlagaustausches an Merkel. Sie nur kurz und zackig: „Nein“ Sodann fuhr sie
ungerührt mit ihrer Antwort fort. Der Mann aus Würselen: Abgewatscht, so nennt
man das wohl. Sie dagegen konnte sich bei allen Fragen durchsetzen, das musste
man ihr lassen. Das heißt aber nicht, dass der Zuschauer von der Überlegenheit
und Sicherheit unserer Kanzlerin überzeugt sein konnte, zumal jene Themen, die
in der breiten Bevölkerung von Relevanz sind, so gut wie nicht behandelt
wurden.
Überraschungen gab es keine. Die Gegenüberstellung glich
eher einer weich gespülten Therapiesitzung, in der die Kontrahenten sich
gegenseitig freundlich zunickten und oft genug Einigkeit bzw. Übereinstimmung
feststellten. Als Resümee könnte man auch ableiten. Weiter so wie vorher. Denn
auf die Frage, ob die jeweils andere Partei als Koalitionspartner in Frage
käme, wurde gemieden wie eine ansteckende Krankheit. Man fragte sich
unwillkürlich: Wen interessiert es, wer in diesem Treffen besser abschneidet,
wenn man als Zuschauer und Wähler den Eindruck gewinnt, dass Zukunft nicht
stattfinden wird. Immerhin, Schulz redete schnell, viel und wirr, Merkel
dagegen in ihrem moderat-geübtem Rautenton.
Zwar nahm jede Partei für sich in Anspruch, dass der eigene
Kandidat haushoch gesiegt habe, aber dass Politiker schon von Berufs wegen
unter schweren Wahrnehmungs-Neurosen leiden, ist hinreichend bekannt. Malu
Dreyer und Manuela Schwesig, beide unter manischer Unterbelichtung leidend,
äußerten sich im Anschluss der Sendung über Schulzens Auftritt geradezu
euphorisch. Sätze wie: Er habe Klartext geredet und konkret gesagt, wofür die
SPD stehe oder "Martin Schulz hat gezeigt, dass er Kanzler kann",
sind ein ziemlich deutliches Indiz dafür, dass die beiden Damen vermutlich eine
andere Sendung verfolgt haben.
Aber auch Julia Klöckner, CDU-Vizeparteichefin, die am Ort
des TV-Duells in Berlin-Adlershof war, begrüßte Merkel nach deren Auftritt mit
den Worten: "War super. War ganz toll!" Du liebe Güte, schießt es mir
durch den Kopf, eine Politikerin mit Kleinmädchensprache, dem Vokabular einer
Drittklässlerin und dem geistigen Niveau einer Kaulquappe-, sie darf öffentlich
in die Kameras jubeln, ohne dass der Reporter einen Hustenanfall bekommt. Mir
wird schlecht, wenn ich daran denke, was uns blüht. Es kann nur schiefgehen,
wenn Kleingeister wie Dreyer oder Klöckner einen Flachdenker wie Schulz
anhimmeln und ihn als zukünftigen Staatslenker feiern.
Es hat wenig Sinn, über Substanz, Maximen oder Ziele dieser
überflüssigen Veranstaltung nachzudenken, weil nicht nur das völlig veraltete
Format nicht geeignet ist, dem Bürger einen Erkenntniszugewinn zu liefern,
sondern auch die Moderatoren jenseits von Gut und Böse sind und überdies
willfährige "Staatsbedienstete" sind. Kein Wunder, man will sich ja
auf keinen Fall zukünftige Talk-Show-Gäste verprellen. Immerhin sichern sie das
Einkommen der TV-Kasper.
Wenn Fernsehanstalten und deren Moderatoren nicht Willens
oder nicht in der Lage sind, aus einem „Duett“ ein echtes „Duell“ zu machen,
dann kann man die Sendezeit auch für den „Bergdoktor“ oder „Sturm der Liebe“
verwenden. Nachhaken, bohren, provozieren oder in die Enge treiben, Fragen stellen,
die weht tun...? Fehlanzeige! Migration, Rente, bezahlbare Wohnungen oder gar
soziale Gerechtigkeit - keinerlei konkrete Antworten. Lohnentwicklungen,
Steuerbelastungen, Altersarmut? Nichts! Aber genau diese Fragen brennen dem
Wähler unter den Nägeln. Wie es scheint, hat man bewusst diese Themen
ausgeklammert, um den trägen Bürger nicht aus seinem Fernsehschlaf zu wecken.
Der politische Nonsens gipfelte darin, zu guter Letzt auch
noch Uschi Glas oder Thomas Gottschalk um eine kompetente Beurteilung des
politischen Kasperltheaters zu bitten. Mein Eindruck: Dieser TV-Show konnte man
getrost das Prädikat „Publikums-Verblödung“ verleihen. Eine bessere Werbung für
die AFD konnten die beiden Politiker ihrem auserwählten Feindbild kaum
angedeihen lassen.
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