Es ist eine Binsenweisheit, dass Glauben mit Wissen
nichts zu tun hat. Und dennoch, der wohlgenährte Peter verrät seinen Lesern im
WELT-Interview, dass die Gefahr von „Rechts“ ihren Zenit überschritten habe.
Und diese Meinung formuliert er mit einer 150 Kilo schweren Integrität, indem
er die Semantik dermaßen notzüchtigt, dass man ihm beinahe glauben könnte.
Nun können wir schwarz auf weiß bei den Printmedien
nachlesen: Die AfD -, ein Haufen verblendeter Rechtsradikaler, die zwar noch
vor einigen Jahren alle CDU oder SPD gewählt haben, und die man wieder zurückgewinnen
müsse. Es gilt also, ehemals aufrechte Demokraten, die mit ihren Stimmen
bei den Landtagswahlen ins Lager der AfD wechselten und über Nacht zu
Rechtsradikalen und Nazis mutierten, wieder in aufrechten Demokraten umzuwandeln.
Wenn man es genau bedenkt, müssten die Altparteien geradezu glücklich sein,
dass sie seit drei Tagen etwa 20 Prozent weniger Nazis in den eigenen Reihen
haben.
Ich gestehe, Altmaiers naive Gedankenakrobatik verwirrt mich zutiefst. Im Allgemeinen sollte ein Spitzenpolitiker wissen, was er denkt,
bevor er sagt, was er meint und darauf hofft, dass man ihm Glauben schenkt. Nach
seinem Interview in der WELT zeigt sich, dass er nichts weiß, jedoch behauptet,
er hätte gedacht, weil er meint, etwas sagen zu müssen, was wie die Wahrheit klingt. Auch wenn sich die politische Führungskaste selbst den Nimbus der Allwissenheit verleiht und mit der Attitüde des Besserwissens vor den Wahlen Bauernfängerei betreibt, ist es heute umso erschreckender festzustellen, dass wir gierigen, faulen und machtbesessenen Drohnen aufgesessen sind.
Für Leser, die nun verwirrt sind, ein kleines Beispiel: So sagt der eher
der Völlerei als dem Wähler zugeneigte Peter der Funke Mediengruppe gestern: „In
Sachsen und Brandenburg existieren Koalitionsoptionen jenseits der AfD. Und wir
sehen schon „länger“, dass die AfD eher stagniert.“ Da ist wohl der Wunsch der
Vater des Gedankens. Wohin Altmaier und seine Parteigenossen seit längerer Zeit
geschaut haben, ist nicht ganz klar. Im Zweifelsfall auf den Kontostand. Der
Wähler jedenfalls hat auf seinen Wahlzettel nachgesehen und entschieden.
Lange Rede, kurzer Sinn: Ein Zitat, ach, was sag ich,
ein Bonmot des Liebhabers opulenter Buffets: „Es darf die CDU nicht kaltlassen,
dass im bundesweiten Durchschnitt 25 Prozent der Wähler für AfD stimmen. Wir
haben in der Politik auch Fehler gemacht und müssen darüber reden, was wir
anders machen müssen.“ Nun ja, ich würde spontan sagen: In Zukunft Fehler
vermeiden und auf keinen Fall in die falsche Richtung zu starren. Die Frage ist
natürlich. Wie soll das mit dem zur Verfügung stehenden Personal funktionieren?
Bislang ging die Politik von der Faustregel aus: „Wer nichts weiß, muss alles
glauben!“ Immerhin gibt es noch ein paar Wähler, die eine gewisse Affinität zu Berufsschwätzern
haben.
So lässt sich auch erklären, weshalb Politiker unangenehme
Wahrheiten scheuen wie der Teufel das Weihwasser. Die Instrumente? Tarnen,
täuschen, abstreiten, diskriminieren, vertuschen, beschönigen, im Notfall
verbieten und bestrafen. Blöd ist allerdings, dass die meisten Politiker davon
überzeugt sind, dass die „Steuerungs-Instrumente nachhaltig greifen. Dass dem
nicht mehr so ist, verdanken sie dem Internet und den sozialen Medien. Die Presstituierten stehen inzwischen zuhauf am Bordstein der Arbeitslosigkeit und warten auf Freier - respektive neue Arbeitgeber.
Denn Blogger und engagierte Bürger im Internet haben die frühere Deutungshoheit der
Presse nachhaltig unterminiert und die Verbreitungshoheit der Verlage
minimiert. Die Folge: Ein Kontrollverlust ohnegleichen, sowohl intellektuell
als auch auf der Straße, in der Justiz und der Verwaltung (Bamf), in der
Steuerung ökonomischer wie ökologischer Notwendigkeiten. Selbst die Mär des von
Menschen gemachten Klimawandels, der hilfsbedürftigen Migranten und der Senkung
von CO2-Werten zieht zumindest bei jenen, die klar denken, längst nicht mehr.
Mit anderen Worten, seit Claas Relotius und dessen
herzzerreißenden Stories aus dem Märchenverlag in Hamburg, sind die ehemals mit
einer Rest-Reputation ausgestatteten Journalisten beim Leser in Ungnade
gefallen. Da können die schreibenden Schmeißfliegen bei Maischberger, Illner, Kontraste
oder anderen Politsendungen noch so oft auftreten und mit auf intellektuell
getrimmten Mienen ihre Geschichten erzählen. Es ist vorbei mit der
Glaubwürdigkeit ihrer angeblich seriösen und sauber recherchierten Nachrichten,
auch wenn die Politik immer noch der irrigen Annahme ist, der blöde Bürger
glaube alles. Wer glaubt noch an Ideologien, wenn der Kühlschrank leer ist?
Wir dürfen also auch das gestrige, Altmaiersche Geschwätz vom
Ende der AfD und von den bösen Nazis und Radikalen entsprechend bewerten. Wenn die Altparteien so weiter machen, werden sie auch noch ihre letzten Nazis in den eigenen Reihen verlieren, wenn in Thüringen die Wahlen stattfinden. Denn die werden sich dann offen zur AfD bekennen. Dann endlich dürfen SPD und CDU mit Fug und Recht und reinem Gewissen von sich behaupten, vollständig entnazifiziert zu sein. Ab sie dann allerdings noch weiter regieren, dürfen wir getrost abwarten.
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