Wieder einmal durften sich Liebhaber politischer
Talkrunden einen Eindruck über den Parforceritt mit drei politischen Chefs durch die
Arena der ungelösten Probleme verschaffen. Die drei politischen Schwergewichte Markus Söder
(CSU), Christian Lindner (FDP) und Annalena Bearbock (Grüne) waren
aufgefordert, ihre parteipolitische Performance in Sachen thematische Kompetenz dem geneigten
Publikum darzubieten.
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Thema: „Zwischen Konjunkturflaute und Klimaschutz –
Wie sicher ist Deutschlands Wohlstand?“ Kaum hatte Anne Will in ihrer Arena das
„Talk-Tournier angepfiffen“, fielen die Kombattanten mit wuchtigen Worthülsen und
lösungsarmen Ideen übereinander her, als gäbe es kein Morgen mehr. Annalena zog
sogleich pausbäckig vom Leder, um mit ihrer Kernkompetenz bei Wills
Schwafelrunde zu punkten. Offen gestanden, der Abend hätte so schön werden können, hätte ich mir auf Sky einen Krimi reingezogen.
Doch wie gebannt folgte ich Annalenas verbalen Maschinengewehrsalven. Die Grünenchefin beseitigte sofort alle Unklarheiten
und ließ die Bürger an den TV-Geräten wissen, was ihnen in Zukunft bevorsteht.
Keine Kohle, kein Gas und keine Verbrennungsmotoren. Und da Atomkraftwerke in
Deutschland auch keine Fortune mehr haben, dürften wir alsbald wieder in den
Wäldern Reisig sammeln, um unsere Schornsteine am Rauchen zu halten. Sogleich
konterte Lindner mit der Idee, die aufgehäuften Geldreserven des Bundes in Höhe
von 40 Milliarden Euro für Investitionen einzusetzen. »Wenn
wir jetzt wieder Schulden machen, wie wird das auf die Italiener wirken?«
Ich hätte Lindners Frage sofort beantworten können.
Den Italienern wäre das Banane. Schwamm drüber. Dass Annalena – ausgewiesene Expertin
in Sachen Kobold und Megabyte, eine Investitionspflicht für den Bund
einfordert, gleichzeitig aber eine Schuldenbremse reklamiert, war eine ihrer wunderlichsten
Diskussionsbeiträge. Aus dem Hintergrund ertönt präsidial Söders Kommentar: „Steuern
runter, Energiepreis runter. Wir brauchen Vorfahrt für Freiheit und weniger Bürokratie.“
Doch Lindner schlägt gnadenlos zurück und kontert mit
der Forderung: Sonderabschreibungen für digitale Wirtschaftsgüter und beklagt
gleichzeitig, dass private Haushalte und Unternehmen unter den höchsten
Belastungen leiden. Während Annalenchen ihren Traum der vollständigen Vernichtung
der Automobil- und der chemischen Industrie weiter träumte, grätschte Söder der
Grünen-Chefin mit dem Vorwurf in die Seite, sie würde einen ideologischen Kleinkrieg
führen.
Dann folgte das Highlight des Abends. Lindner erklärt
dem irritierten Publikum und der ihm gegenübersitzenden Wissenschaftlerin
Claudia Kämfert, was er beim Thema Energieversorgung und fehlenden Stromtrassen
bemängelt. Geisterstrom und Dunkelflaute kursierten nun in der Runde. Der Betrieb von Windkrafträder sei nahezu obsolet, weil Stromtrassen in den Süden fehlten.
Mir wurde schwummrig, zumal ich bei dem Begriff „Dunkelflaute“
spontan an unsere Regierungspolitiker, an die Groko und deren Protagonisten dachte. Irgendwie haben mich die Wortschöpfungen unseres Herrn Lindner
versöhnt, begreife ich doch nun endlich den Grund, weshalb bei uns politisch
nichts vorwärts geht. Die intellektuelle Dunkelflaute scheint weiter verbreitet
zu sein, als ich bislang angenommen habe. Da helfen auch keine neuen Strommasten.
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