Siggi, der Beleibte hat nicht etwa entschieden, sondern er
hat auf Druck der Basis aufgegeben. Es hat sich angekündigt, zumal mit ihm kein
Staat mehr zu machen war. Wie die noch unberührte Jungfrau hat er sich
monatelang geziert, wenn man ihm die Fragen stellte, wann er denn endlich Farbe
bekennen will. Der römische Philosoph Lucius Annaeus Seneca sagte vor knapp
2000 Jahren bereits: „ut desint vires tamen est – laudanda voluntas“ – und meinte
damit: „wenn auch die Kräfte fehlen, dennoch ist der Wille zu loben“, Fast hat es den Anschein, als Habe Gabriel schon damals im alten Rom versucht, sich politisch zu profilieren.
Wer etwas erreichen will, braucht Potenz, Standfestigkeit
und Durchhaltevermögen. Der Abgang von Siggi allerdings glich eher einem Koitus
interruptus als einem zufriedenstellenden Ergebnis, auch wenn er gerne den
Höhepunkt erreicht hätte. Der Buchhändler kam ihm dazwischen. Jetzt bleibt
Siggi nur noch die Selbstbefriedigung im Amt. Ob Martin den politischen
Penetrationsversuch erfolgreich beendet, bleibt zu bezweifeln. So wie ich
Angela kenne, wird sie angesichts der bevorstehenden Bundestagswahl die
Arschbacken zusammenkneifen
Martin Schulz schwang sich nicht etwa wie Phönix aus der
Asche aus dem europäischen Dunstkreis auf, nein, er landete mit Schmackes
mitten in der Parteizentrale. Damit war das freudvolle Abenteuer Gabriels
entschieden. Wenn man es genau nimmt, kann es für ihn eigentlich nicht gar so
schlimm gewesen sein, denn er musste ja bis jetzt bei Angela sowieso immer
hintenanstehen. Dass unsere Kanzlerin ihr Bestes nicht so ohne Weiteres
preisgeben wird, dürfte Martin bald erfahren, auch wenn er als gelernter
Buchhändler den politischen Kamasutra gelesen hat.
Zwar trat Gabriel, wo immer er auch Kameras vermutete, in
der typischen Manier eines wichtigtuerischen Schaumschlägers auf und
verbreitete die Mär maximaler Zustimmung seiner Partei, nichtsdestoweniger
brodelte es hinter den Kulissen angesichts bejammernswerter Quoten von gerade
mal 20 Prozent. Damit landet man auch bei Angela keinen Stich. Die Wahrheit
dürfte jedoch eher dem Spruch des berühmten von Luis Trenker nahekommen, als er
einen Kollegen bei einer Bergtour auf den Gipfel schleifte. „Halb zog man ihn,
halb sank er hin“. Es ist eine Binsenweisheit: Der Feige ergreift die Flucht,
der Mutige tritt den taktischen Rückzug an. Bei Siggi allerdings verschwimmen
die Grenzen, denn auf dem sumpfigen Untergrund der Basis versankt sein
Parteivorsitz schnell im schlammigen Moor - bei seinem Gewicht wirkt sich das
sogar beschleunigend aus.
Der medial kreierte Paukenschlag erwies sich dramaturgisch
gesehen als Sensation, letztendlich war es nicht mehr als leiser Trommelwirbel,
zumal ohnehin keiner an Gabriel festhalten wollte. Als Gabriel und Martin
Schulz in gespielter Einigkeit die Bühne betraten und die vorher abgestimmten
Floskeln idem Publikum zu Gehör brachte, nahm man die standardisierten
Worthülsen zur Kenntnis. Mehr als rektale Geistesblitze und verbale Diarrhöe
hatten sie, was den Rückzug Gabriels anging, ohnehin nicht zu bieten. Immerhin
darf man Gabriel bescheinigen, dass er in der Vergangenheit an seiner
Chancenlosigkeit erfolgreich gearbeitet hat.
Es dürfte nicht einfach gewesen sein, einerseits für
Gesichtswahrung zu sorgen, und andererseits für das Wahlvolk eine vertretbare
Sprachregelung zu finden. Wie immer, am besten funktioniert das mit
Pöstchenschieberei und allgemeinem Stühlerücken. Damit hat die SPD langjährige
Erfahrung. Welch eine Überraschung, Siggi will jetzt Außenminister werden.
Ausgerechnet, einer, der kaum ein Wort englisch spricht und über den
internationalen Horizont eines blinden Maulwurfs verfügt. Allerdings ist das
keine Katastrophe, wenn man das Bildungsniveau der bisherigen Außenminister als
Maßstab nimmt. Als neue Wirtschaftsministerin soll in einer Sondersitzung der
Bundestagsfraktion an diesem Mittwoch seine bisherige Staatssekretärin Brigitte
Zypries vorgestellt werden.
Der eifrige SPD-Wähler braucht sich jedoch nicht umstellen,
er wird die üblichen, vollmundigen Wahlkampfparolen hören, nur das Gesicht ist
ein anderes. Ein Buchhändler, der kann Geschichten. Wie formulierte es Martin
Schulz so schön? Wir werden gegen Merkel antreten und die nächste Regierung
stellen, mit anderen Worten, er will die Domina Angela domestizieren. Wenn er
sich damit mal nicht verrechnet.
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