Da haben wir sie also wieder, die teutonische Leitkultur,
ein Thema, das schon vor 10 Jahren wütende Diskussionsreflexe ausgelöst hatte.
Ausgerechnet ein Hugenotte belebt den politisch längst
verbrannten Begriff, bei dem sich jeder Deutsche ausdenken kann, was er will,
Hauptsache es schmeckt. Bier, Bretzel und Obatzter beispielsweise, ein
ernährungsrelevantes Kulturgut, sozusagen.
Thomas de Maizière - Quelle - Henning Schacht |
Bei uns in Bayern liegt der Schweinsbraten und die Maß Starkbier ganz vorne, während im Rheinland, der Diaspora kulinarischer Genüsse, Grünkohl und Pinkel zu jenen Spezialitäten zählen, auf die man dort niemals verzichten könnte. In der Mitte Deutschlands frönen die Pfälzer der deftigen Schlachtplatte – Blutwurst, Leberwurst, Sauerkraut und Kartoffelbrei. Ich liege sicher in meiner Annahme richtig…, zu solchen landsmannschaftlichen Köstlichkeiten hat ein Sudanese oder Nigerianer keinen echten Zugang. Somit scheiden gemeinsame Grillabende mit weinseligen Volksliedern und beschwingte Verbrüderungen aus.
Aber halt…, möglicherweise habe ich das Diskussionsziel von
Thomas De Maizière nicht genau verstanden und mich ein wenig vergaloppiert.
Macht aber nichts. Stattdessen frage ich mich: Hat ein Politiker nichts
Besseres zu tun, als mit einer schwammigen Begrifflichkeit durch die Republik
zu schwadronieren, mit der die Mehrheit der Bevölkerung alles andere verbindet,
nur nicht das, was Herr De Mezière gerne hätte?
Sicherheitshalber schaue ich noch einmal in Maizières
Interview nach, um seinen Auftritt zu begreifen... Wie formulierte er dort so
griffig? Der Begriff Leitkultur solle „nicht ausgrenzen, sondern einladen, jene
Normen und Werte zu beachten, deren Einhaltung notwendig ist, damit alle in
unserem Land unabhängig von Hautfarbe, Staatsangehörigkeit und Religion
friedlich und konfliktfrei miteinander leben können“ Nun ja, denke ich mir,
sein deutsch ist auch nicht das Beste und die Syntax überdies bejammernswert.
Ein Begriff kann erst mal gar nichts, so viel steht fest. Bestenfalls etwas
beschreiben, dessen Inhalt etwas auslöst.
Ich denke nach. Ab jetzt wird’s komplizierter, jedenfalls
für alle Neger und Afghanen, für die Türken sowieso, natürlich auch für
Marokkaner und Tunesier. Von Deutschen aus dem Prekariat, mit Hilfsschulabschluss
und halbseidener Karriere erwarte ich zwar nicht zwingend, dass sie sich Maizières
Vortrag zu Herzen nehmen, aber die Besucher aus dem heißen Süden sind sicher auch nicht Zielgruppen unseres Ministers.
Ob nun philosophisch, anthropologisch oder etymologisch
betrachtet, ganz gleich, der Terminus Kultur drückt immer das jeweils lebendige
Selbstverständnis und den Zeitgeist einer Epoche aus, der von einer
gesellschaftlich herrschenden Klasse und deren Anspruch geprägt wird. Und nun
erhebt diese Polit-Pfeife die Leitkultur zu seinem Wahlkampfthema und redet
wieder einmal an den Menschen und deren Bedürfnissen vorbei. Den Bürger
interessiert das Thema nicht, der Refugee versteht es nicht und die SPD will es
nicht.
Kehren wir zurück zu den ganz bodenständigen Dingen, die in
unserem Land Relevanz haben. Zum Beispiel zu unseren Krachledernen und dem
Janker, dem Maibaum und dem Bierzelt auf der Wiesn, in denen per se der
herkömmliche Neger kein gern gesehener Gast ist. Der Afghane übrigens auch
nicht. Wenden wir den Blick nach Hessen, dort, wo der Bembel zu Hause ist, ein
Kulturgut, mit dem ein Marokkaner oder ein Tunesier garantiert nichts anfangen
kann. Und ganz bestimmt wird ein Türke sich beim Krabbenpulen auf Norderney
schaudernd abwenden, während der Jemenite oder der Kosovo-Albaner fassungslos
dem Kölner Karnevalszug hinterher schaut.
Hier möchte ich einschränken, dass Letztere sicher gerne
den Funkenmariechen liebevoll die Hintern tätscheln würden, was wiederum dem
Kölner Jecken nicht goutieren würde. Wie man sieht, mit dem konfliktfreien
Leben im Land der Dichter und Denker, der Schuhplattler und der Shanty-Sänger
wirds einigermaßen kompliziert werden, zumal Moslems weder Seemannslieder
mögen, noch ein richtiges Schweineschnitzel mit Bratkartoffeln zu schätzen
wissen.
Offen gestanden, Herr De Maizière, mir und den meisten
Bürgern müssen Sie wahrlich keine überflüssige Identitätsdebatte aufs Auge
drücken. Wir wissen, wer wir sind und was wir mögen und benötigen. Als unser
Innenminister haben Sie Wichtigeres zu tun, nämlich Nachhilfestunden für den
Bürger zu unterlassen und für die Sicherheit Ihrer Mitbürger zu sorgen.
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