… so steht es auf dem Transparent "hinter" dem
Rednerpult zu lesen, "auf" dem Pult dagegen: Zeit für mehr
Gerechtigkeit! Zugegeben, dieser Mobilisierungsappell irritiert mich. Soll diese
Botschaft etwa suggerieren: Schulz der Gerechte? Mein Magen revoltiert. Und
weshalb, heiliger Bimbam, sollte ich mit Martin Schulz Zeit verbringen, wenn er
im Vergleich zu Kim Kardashian erheblich weniger zu bieten hat. Ich gebe zu,
der Anblick von Kim mitsamt ihrem riesigen Hinterteil hätte mich zumindest dazu
bewogen, auf andere Gedanken zu kommen. Stattdessen überließ er dem Ex-Kanzler
Schröder die Einführungsrede, ausgerechnet jenem Mann, der mit seiner Agenda
2010 für den sozialen Kahlschlag verantwortlich war.
Und wer diesem Buchhändler und seinem zugegebenermaßen
hitzigen Vortrag genau zugehört hat, wurde das Gefühl nicht los, dass der
Deutsche Wähler und Bürger gar nicht gemeint war. Der Begriff „Deutsch“ kam in
seiner Rede gar nicht vor. Ausländer und Flüchtlinge umso öfter. Und "die
Menschen da draußen". Klingt nach "weit weg", nach
„undefinierbarer Masse“, nach „Mittelmeer und Schlauchboot“ und "sehr bedürftig".
Da muss er sich etwas einfallen lassen, wenn er sie "retten will",
all diese Menschen da draußen. Schwamm drüber, dachte ich mir, Wahlkampf ist
halt anstrengend, um mit Frau Merkels Worten zu glänzen.
Stattdessen donnerten markige Worte durch die Halle, mit
denen er die neuen Wohltaten der SPD anpries. Vorzugsweise alleinstehende
Mütter, Menschen mit Behinderung und Rentner unter dem Existenzminimum sollen
an den Segnungen des Kanzlers Schulz teilhaben, indem er im gleichen Atemzug
verkündet: Deutschland geht es gut. Die innere Logik ist unschlagbar,
angesichts der unablässig zitierten armen Rentner und mittellosen Müttern.
Und dann legt er los, mit hanebüchenen Ankündigungen. Als
Kanzler, so versprach er, werde er innerhalb der ersten 100 Tage gleichen Lohn
für gleiche Arbeit durchsetzen. Da dürfen wir Wähler sehr gespannt sein, wie er
das wahr machen will. Ins Detail ist Martin Schulz bei seiner Bewerbungsrede
zum Kanzlerkandidaten nicht gegangen, das war ihm dann doch zu haarig. Die
Richtung aber hat er klargemacht: Sozialdemokratie pur! Was genau diese
ungetrübte Sozialdemokratie sein soll, ist mir schon deshalb nicht klar, weil
doch dieser Buchhändler schon mit seiner Absahnerei bei den Tagegeldern im
Europa-Parlament ordentlich im Trüben fischte. Aber wer weiß, vielleicht hat
dieser Martin seine ganz eigene Sichtweise von Gerechtigkeit und empfand es als
ungerecht, sich auch noch persönlich in die Brüsseler Anwesenheitsliste eintragen zu
müssen.
Wie begann einer seiner ersten Sätze? „Ich bin das fünfte
Kind einfacher und sehr anständiger Leute.“ Entsprechend hirnleer waren auch
seine Ankündigungen. Die Liste der Bevölkerungsgruppen, denen Schulz etwas
geben will, ist nahezu unendlich. Profitieren sollen fast alle – von
Kita-Kindern über die „hart arbeitende Mitte“ bis hin zu „den Alten, die ihr
ganzes Leben lang gerackert haben“, darüber hinaus Auszubildende, Studenten und
Familien. Nur ledige Fabrikbesitzer, minderjährige Millionen-Erben und
Terroristen gehen leer aus oder wurden nicht erwähnt. Als er dann sein Jackett
auszog, stockte mir der Atem und ich hoffte, dass er wenigstens seine Hose
anbehalten würde.
Im Mittelpunkt seiner hemdsärmeligen Beglückungsrede
standen Feuerwehrleute, Polizisten und Rettungskräfte, die er in Zukunft
reicher machen will. Und dann der Paukenschlag: Er will die Rente sicher
machen. Wie genau, das verrät er bei all seinen Ankündigungen nicht. Dafür
mutiert der Terminus „Steuersenkung“ zum Schimpfwort, zumal Seehofer diesen
Begriff ganz nach dem Motto bereits im Munde führte: Wir könnten dem Steuerzahler ja Puderzucker in
den Arsch blasen – wir nehmen aber Würfelzucker. Wenn schon süß, dann
wenigstens schmerzhaft.
„Aber so viel kann ich schon
verraten“, tönt der Dorfschulze aus Würselen: „In unserem Programm wird es um
Gerechtigkeit, Respekt und Würde gehen.“ Aha…! Also nur im Programm, später
dann nicht mehr? Und weiß er überhaupt, was diese Begriffe bedeuten? Wenn
nicht, er könnte noch einmal in Brüssel bei der Parlamentskasse nachfragen. Die
erklären ihm das sicher.
Jetzt, nachdem die CDU/CSU der SPD auch noch die Show
stiehlt, indem sie selbst mit Steuersenkungen und Ehe für alle wirbt, ist sie
angefressen, die sozialdemokratische SPD-Buchstütze. Immerhin, Schulz bleibt
noch, auf die AFD einzudreschen und ansonsten noch drei Monate lang sein Mantra
„mehr Zeit für Gerechtigkeit“ herunterzuleiern, derweil das EU-Parlament die
Bezahlungspraxis seines Ex-Präsidenten erneut rügt.
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