Anfang dieses Jahres hat die EU den Dialog mit gut 90
Ländern gesucht, die Superreichen und Kapitaleignern sichere Häfen für ihre
Vermögenswerte bieten. Ob sie ihn auch gefunden haben, ist öffentlich bislang
nicht kommuniziert worden. Weitere 45 Staaten entgingen der Nennung. Das nenne
ich ein hilfloses Unterfangen, Steuer zahlenden Bürgern zu suggerieren, man
kämpfe für die Steuerehrlichkeit. Money makes the world go arround, mit oder
ohne die EU….
„Tax haven“ nennen sich jene
Steuervermeidungs-Inseln, die zum großen Teil ganz offen für ihre attraktiven
Finanzdienstleistungen werben und mit knackigen Slogans Kapitalflüchtlingen
anonyme Einlagemöglichkeiten bieten. Bei den jüngsten Treffen der
EU-Finanzminister, so tickert es über Deutschlands Nachrichtensender, hätten
sich jene Geldoasen kooperativ gezeigt. Merkwürdigerweise sieht sich
Deutschland als ein „sauberes“ Mitglied der EU, obwohl auch bei uns
Milliardensummen von ausländischen Kapitaleignern hierzulande gewaschen werden.
So nette Länder wie Niederlande, Malta,
Zypern, Andorra, San Marino oder Irland bleiben natürlich unerwähnt, lauschige
Urlaubsziele, in denen der gut betuchte Bürger gerne mal ein paar Millionen
versteckt. Ideale Steuersparmodelle oder Briefkastendomizile bieten maximalen
Anreiz, das eine oder andere Geschäft dort abzuwickeln. Aber alles hat seine
zwei Seiten. Hochsteuerländer wie in Europa züchten ihre Kapitalflüchtlinge
selbst, denn auch in den Regierungen ist die unersättliche Gier nach Einnahmen
extrem ausgeprägt. Wer das Volk auspresst, muss sich auch nicht über die
weltweit über 90 Steueroasen wundern.
Gestern wurde in Brüssel die so genannte
„schwarze Liste“ vorgestellt, die 17 Länder als „Sünder“ bezeichnen, wie
beispielsweise die Vereinigte Emirate, Tunesien, Panama, die Mongolei und das
chinesische Macau. Noch wenige Wochen zuvor standen Diplomaten zufolge
allerdings noch 29 Länder auf dem Index. Die hat man aber gleich wieder
gestrichen, weitere 61 Länder erst gar nicht mehr berücksichtigt. Mit guten
Grund. In Bahrain, Barbados, Grenada, Guam, Samoa oder Trinidad werden die
dortigen Regierungen den Brüsselern etwas husten, wenn die EU etwa Kontendaten
oder Informationen über Vermögensverhältnisse verlangt.
Was würde wohl passieren, wenn ein paar
der angeprangerten Länder dem Wunsch Brüssels entspräche und den Abgleich von
Finanzdaten vornehmen wollte. Man muss kein Wahrsager sein, um zu wissen, dass
wenige Tage vor Verabschiedung eines solchen Abkommens Hunderte von Milliarden
Dollar in einem neuen Hafen landen würden. Es ist geradezu kindisch,
anzunehmen, dass viele der betroffenen Länder bereit und in der Lage wären,
neue oder angepasste Steuersysteme zu implementieren. Ganz abgesehen davon,
dass man kein ausgebildetes Fachpersonal hätte.
Drittstaaten sollen zu mehr
Steuertransparenz und Datenaustausch bewegt werden. Betroffene Staaten und
Gebiete täten aus Sicht der EU nicht genug, „um Steuerflucht zu bekämpfen“,
meinte der französische Finanzminister Bruno Le Maire am Dienstag in Brüssel.
Alle Wetter. Leben diese Herrschaften auf einer Wolke der Glückseligkeit? Mich
würde wirklich interessieren, was die Emirate, Macau oder die Mongolei
veranlassen sollte, Finanzdaten mit der EU auszutauschen. Von Panama oder
Paradise will ich erst gar nicht reden. Glauben die Europäer im Ernst, diese
Staaten würden ihre Finanzmodelle, ihre Steuergesetze oder gar ihre
Strafgesetze für Kapitalverletzungen ändern? Sie leben von den Devisen,
finanzieren damit ihre Staatshaushalte und die Bevölkerung partizipiert an den
gigantischen Finanzmitteln über Jobs und Investitionen.
Seit 2016 arbeitet man in den Brüsseler
Büros an dem Problem, Steueroasen an den Pranger zu stellen. Schaut man sich
die Liste an, fällt sofort auf, dass die genannten Länder alle sehr, sehr weit
entfernt von Europa liegen. Und sofort fragt man sich: Was ist eigentlich mit
den Europäischen Ländern, die seit Jahren die Europagemeinschaft massiv
unterlaufen, und für potente Anleger und Großunternehmen Steuervorteile in
Milliardenhöhe gewähren?
Alleine in der europäischen Union gibt
es nachgewiesenermaßen 13 Länder, die sich einen Dreck um die
Steuergesetzgebung der Mitglieder scheren. Die allerdings tauchen in keiner
Liste auf. Selbst die Vatikanbank gehört zu den ganz großen Finanzplayern
dieser Welt, die von keiner Aufsichtsbehörde kontrolliert werden kann. Fragt
man die Herren Diplomaten in Brüssel oder unsere Finanzminister, ob mit
zweierlei Maß gemessen wird, werden sie ziemlich schmallippig. Nur am Rande dringt
durch, dass die EU gar nicht die finanziellen Mittel habe, um ein wirksames
Umdenken beim Datenaustausch zwischen der EU und den Steueroasen zu erzwingen.
Wenn man alleine die Volumina der
schwarzen Konten in der Karibik ansieht, wird klar, weshalb die EU ein
zahnloser Tiger ist. Nach Schätzungen liegen die Depot-Summen „schwarzer
Valuta“ bei über 11 Billionen Dollar. Es mutet geradezu lächerlich an, gegen
solche Kapitaleinlagen ein wirksames Instrument zu entwickeln. Don Quichote
hätte seine Freude an den Brüsseler Hampelmännern, die Kapitalflucht mit
Pranger bekämpfen wollen. Ob nun graue oder schwarze Listen, sie sind nichts
weiter als ein lächerlicher Popanz, der gegen Geldmacht und Kapitalkraft
ultrareicher Unternehmen und Privatpersonen nichts, aber auch gar nichts
entgegensetzen kann und de fakto auch gar nicht will.
Nichts beweist diese Quintessenz besser
als die Tatsache, dass beispielsweise karibische Inseln mehrheitlich entweder
unter holländischen, britischen oder amerikanischen Protektorat stehen. Würde
man ernsthaft an der Situation etwas ändern wollen, hätten gerade jene Länder,
die am lautesten nach Steuergerechtigkeit brüllen, längst Steuersystem
eingeführt, die wenigstens minimale Transparenz erreichen würden. Ja, ja, nun
hat man 17 „schwarze Schafe“ auf eine Liste geschrieben, bei denen beim Begriff
Sanktionen“ einem das Lachen im Halse stecken bleibt.
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