Gestern durften wir wieder einmal bei Maischberger den
Einmarsch der Gladiatoren miterleben. Ralf Stegner (SPD) und Joachim Herrmann
(CSU) betraten als gewichtige Vertreter zweier todgeweihter Parteien die
Schau-Kampf-Arena. Die Antagonisten Alexander Gauland (AFD) und Sarah
Wagenknecht (Die Linke) komplettierten das gefechtserfahrene Kampfquartett.
Dazu gesellten sich als politische Beobachter die Redakteure Christoph
Schwennicke von Cicero und die Taz-Journalistin Bettina Gaus, deren Urteil
möglicherweise siegentscheidend sein konnten. Die Waffenwahl: Täuschen, Tarnen,
Verleugnen, aber auch Provokation und Verschleiern von Tatsachen standen zur
Auswahl. Es war sogar zu befürchten, dass die tapferen Delinquenten nach der
Schlacht Gewinnerposen einnehmen.
Die Zuschauer am Bildschirm rieben sich
erwartungsfreudig die Hände, versprachen sie sich doch vom kampferprobten
Gladiator Ralf Stegner - genannt „der rote Kotzbrocken“, niederschmetternde
Beleidigungen, hämische Herabwürdigungen und degoutante Bösartigkeiten gegen
alle anwesenden Recken, besonders aber gegen Alexander Gauland. Zwischen diesen
Beiden waren spannende Zweikämpfe zu erwarten.
Und dann wurden sie aufeinander losgelassen. Der
erfahrene Gladiator Herrmannus Optimus, Spitzname „Joachim, der Cherusker“,
eröffnete gleich in Richtung Stegner mit einem gekonnten Vorstoß einen
hämischen Tiefschlag, dass Vereinbarungen, die man mit dem Gegner getroffen
habe, - wie üblich -, nicht verstanden worden sind. So neu war der Vorwurf nun
auch wieder nicht. Eigentlich war ja abgemacht, dass die zwei abgehalfterten
Polit-Invaliden wenigstens temporär als Bundesgenossen Seit an Seit stehen, um
die anderen in Schach zu halten. Funktioniert aber auch nur, wenn man sich
wirklich einig ist.
Es ist eben wie die Liebe unter Stachelschweinen. Mir
sei der Kalauer erlaubt: Kopuliert wird nur ganz, ganz vorsichtig. Deshalb
verpasste Herrmann vorsorglich seinem Gegenüber Gauland einen Nackenschlag, um
sich Stegner gewogen zu machen, indem er beim erfolgreichen Eingehen einer
Beziehung mit einem erfüllenden Höhepunkt lockte. Das ist natürlich gelogen,
aber das weiß ja auch jeder, zumal sich die beiden nicht grün sind. Das ist so
ähnlich, als würde in einer Hotelbar die scharfe Nachbarin neckisch das
Kleidchen heben, aber den Kerl am Ende sitzenlassen.
Sofort aber griff Jeanne d’Arc aus dem Saarland ein,
auch um den beiden „entzweiten Einträchtigen“ klar zu machen, dass die
neuerliche Inthronisierung einer Königin, die jahrelang falsch regierte, sich
nicht um ihre Hilfe verdient gemacht hat. Nun ja, ihr Hintergedanke, gemeinsame
Sache mit Stegner zu machen, um in einer Neuformierung der Kräfte selbst zu
gewinnen, lag auf der Hand. Doch irgendwie wurde man das Gefühl nicht los, dass
Königin Merkel auf Sicht sowieso keine Rolle mehr spielte. Tja, so ein
4-Fronten-Kampf mit staatsfeindlichen Waffen und hinterfotzigen Strategien
erfordert natürlich Allianzen, da anderenfalls der gemeinsame Untergang droht.
Eines war vorauszusehen, Stegner, wie üblich mit
angewiderter Miene, versuchte umgehend, mit polemischen Rundum-Vorstößen seinen
erklärten Lieblings-Gegner niederzuringen. Und da hatte er so Einiges zu
bieten. „Alexander Gauland nutze Nazi-Sprache, Alice Weidel habe
Reichsbürger-Ideologie und Björn Höcke wäre nicht der Pförtner. Wer so einen
Kerl in der Partei duldet, akzeptiere auch dessen Ideologie.“ Nun ja,
SPD-Genossen müssen auch Stegner ertragen. So hat jede Partei eben sein
Päckchen zu tragen.
Gauland zeigte Gelassenheit und parierte die
dümmlichen Entgleisungen Stegners mit mildem Lächeln und ruhigen Rochaden. Es
bestand ja auch keine Gefahr. Der berüchtigte Wirbel-Schulz, ehemals ein
gefürchteter Haudrauf, mied in weitsichtiger Vorsorge die Runde und hatte
stattdessen seinen misanthropischen Vasallen an die Front geschickt. Dort
sollte sich der Rote ersatzweise austoben. Und dann wurde es doch noch ein
wenig unterhaltsamer, zumal Stegner und Gauland die Klingen kreuzten.
Der SPD-Mann warf Gaulands AfD “Extremistensprache”
vor. Immer wieder wird Stegner von Seiten der Rechten angefeindet – sogar als
“Hackfresse”. “Das ist eine Sprache, die gehört nicht in die Welt der
demokratischen Parteien”, befand Stegner. Doch Schiedsrichterin Maischberger
fragte nach: Stegner habe Gauland doch auch schon einmal als “widerlichen,
senilen Hetzer” bezeichnet, zudem als “ekelhaft”. Gauland war sichtlich
amüsiert über die Retourkutsche der ARD-Moderatorin. Stegner zog die Mundwinkel
nach unten. Es stand unentschieden. Wer jetzt dachte, dass frenetischer Beifall
erklingen und Blumengebinde in die Arena geworfen würden, sah sich getäuscht,
ähnlich wie durch das Geschwätz der Anwesenden. Die lahme Veranstaltung hatte
sogar das Zeug, den Pförtner Höcke zu frustrieren.
Nach meinem Geschmack hätte man ruhig ein Dutzend
hungrige Löwen ins Forum Maischberger reinlassen sollen. Das wäre dann wirklich
aufregender gewesen. Fragt sich der TV-Konsument, wie das Kampfgetümmel nun
ausgegangen ist, bleibt ihm nur die Antwort. Außer Geschwätz, gegenseitige
Vorwürfe und dümmlichen Unterstellungen ist nichts passiert. Sieger und
Verlierer gab es nicht. Erkenntniszugewinn gleich Null. Blut ist auch keines
geflossen. Wer zahlt einem eigentlich die Eintrittsgelder zurück?
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