Der
Facebook-Skandal ist deutlich größer als bislang angenommen, so titelt heute Spiegel
online. Nicht nur für die Presse, auch für alle TV-Sender ist der Vorfall das alles
überragende Spitzenthema. Die Netzwelt steht Kopf. Daten von bis zu 87
Millionen Nutzern seien mit der Firma Cambridge Analytics geteilt worden.
Bisher war man von rund 50 Millionen betroffenen Nutzern ausgegangen.
Journalisten, Moderatoren, Politiker, jeder, der glaubt,
irgendetwas zum Thema Datenmissbrauch sagen zu müssen, ergeht sich in verbaler Masturbation
und spricht von „geschädigten Nutzern“ von „unzulässiger Teilung von Daten“
oder gar von einem „gigantischen Skandal“ mit Ausschmückungen wie „erschreckenden
Dimensionen“. Kein Superlativ wird ausgelassen, mit der die Datenweitergabe von
Facebook an die britische Cambridge Analytica belegt wird. Welch ein medialer
Bullshit. Jede harmlose klingende Umfrage, jedes Interview, jede Erhebung,
gleich welcher Art und egal von welcher Institution durchgeführt, sie liefern
Informationen, werden gesammelt und jeder weiß es.
Worin, bei wem und in welchem Ausmaß ist denn ein Schaden entstanden?
Welche Konsequenzen sind daraus erwachsen? In welcher Weise kann man einen
Schaden qualifiziert und quantifiziert nachweisen? Hört oder sieht man genau
hin, fällt auf, dass insbesondere Regierungen auf die Nachricht wie
aufgescheuchte Hühner vor ihrer Schlachtung reagieren. Wobei wir mit dem
Terminus „Schlachtung“ bei des Pudels Kern angelangt sind. Die Facebook-Daten
sollen unerlaubt für den Wahlkampf des heutigen US-Präsidenten Donald Trump
ausgewertet und genutzt worden sein. Ich denke, das stimmt. Hilft es irgendjemanden, zu wissen, mit welchen Methoden Trump ans Ruder kam, wenn er trotz dieser fragwürdigen Wahlhilfe hinterher von der ganzen Welt hofiert wird?
Es ist aber ebenso evident, dass sich jede Regierung, jeder Machthaber und jeder Potentat an gesammelten oder erhobenen Daten bedient und zum eigenen Vorteil nutzt.
Es ist aber ebenso evident, dass sich jede Regierung, jeder Machthaber und jeder Potentat an gesammelten oder erhobenen Daten bedient und zum eigenen Vorteil nutzt.
Facebook…, nun ja, da geht um Politik. Übrigens nicht nur in den USA. Auch
unsere Regierung sammelt Verbraucher- und Verhaltensdaten vor Wahlen wie
Eichhörnchen vorm Winterschlaf. Sie betreibt damit eine so genannte
personalisierte Wahlwerbung. Mit welchem Ziel? Richtig. Wählerbeeinflussung.
Mit anderen Worten, Personendaten sind wichtige Erkenntnisse, Ziele so
zu formulieren, um den Wähler optimal zu bescheißen. Denn nach
der Wahl geht’s wie beim besagten Eichhörnchen, ab in den Winterschlaf. Kein Politiker hat ernsthaft vor,
seine auf Bürgerwohltaten abgestimmten Ankündigungen tatsächlich umzusetzen.
Wie
kleingeistig die heutige Debatte in Wirklichkeit ist, mag man daran ableiten,
mit welch empörten Unterton die Deals mit Daten publiziert werden, an dem auch
Fernsehsender und Presse maximal profitieren. Jeder Journalist, jeder Publizist
wäre arbeitslos, könnte er nicht auf Informationen zurückgreifen, gleichgültig,
auf welche Art er sie sich beschafft hat. Pharisäer haben wieder einmal
Hochkonjunktur. Ich nenne den Hype um Zuckerberg politische Selbstbefriedigung die von den wesentlichen Problemen in der Weltpolitik ablenken soll.
Der hysterische Aufschrei auf der politischen Ebene,
insbesondere aus den Reihen der Verlierer ist so scheinheilig und bigott wie
das Gebet eines Atheisten in einer Kirche. Es geht um Macht und Einfluss, mithilfe
von Informationen, Hinweisen und daraus gezogenen Erkenntnissen. Das haben
schon die alten Römer gewusst und danach gehandelt. Martin Schulz dagegen haben
die Verhaltensstrukturen und personalisierten Datensätze in der SPD-Zentrale nicht
geholfen, obwohl er doch so gerne Kanzler geworden wäre. Aber er hätte auch ohne Verhaltensdaten der möglichen Wähler verloren, was in diesem Falle beweist, dass man noch dämlicher sein muss als Trump, wenn man trotz teuren Datenkaufs die Wahl verliert.
Nun könnte man sagen, das Sammeln und der Verkauf von
Daten sei unethisch oder gar kriminell. Ja, sowas…! Bis vor 30 Jahren haben Unternehmen
und auch Regierungen Karteikärtchen angeschafft und sie, mit allem, was von Bedeutung
fürs Geschäft war, fein säuberlich beschriftet. Sie haben gesammelt, ausgewertet
und archiviert und die Menschen haben immer bereitwillig ihre Gewohnheiten,
Macken und Präferenzen anderen mitgeteilt. Ich will nicht abstreiten, dass der ungesicherte Datenfluss und Zugriff darauf, auch Gefahren birgt. Sackhüpfen im U-Bahn-Tunnel oder Bungee Springen
von der Golden Gate Bridge auch. Beides tun Leute freiwillig.
Kommen wir zurück zu Facebook, eine öffentliche
Plattform für jedermann, dessen Sinn und Zweck es ist, jedem die Möglichkeit zu
eröffnen, anderen zu zeigen, was für ein toller Mensch man doch ist. FB ist
nichts weiter als persönliche und höchst exhibitionistische Profilierungsmaschine, in der die „positive Korrelation“
bis zum Erbrechen optimiert werden kann. Ich bin besser, schöner, reicher, intelligenter,
klüger als meine Facebook-Freunde. Ein wahrer Hort an Informationen, an denen
sich Politiker und Firmen nur allzu gerne bedienen. Ob nun Facebook, Twitter oder Instagram, wie um alles in der
Welt, exzerpiere, trenne und verwerte ich Milliarden Daten, von
denen mindestens Fünfzig Prozent falsch, unvollständig, geschönt, unklar, erlogen
oder schlicht unzuverlässig sind?
Bislang hat mir auch noch kein Pressevertreter und kein
Nachrichtensender schlüssig erklären können, welch niederschmetternde
Schädigungen, welche Verluste und welche Nachteile den so genannten Usern aus
der Tatsache, dass Facebook seine Daten verhökert, erwachsen sind, außer dem Umstand, dass man massiv „beworben“ wird. Das wird man mit oder ohne Facebook, mit
oder ohne Computer und mit oder ohne Presse ohnehin. Es unterscheiden sich lediglich
die Methoden der Werbung. Das persönliche Leben eines FB-Users ist deshalb nur
insoweit beeinträchtigt, dass die Ehefrau ihrem liebenden Ehemann auf die
Schliche kommt, wenn er in fremden Gärten wildert. Information haben eine
maximale Halbwertzeit von 2 bis drei Jahren. So what!
Weshalb regt sich eigentlich Mutti nicht darüber auf, wenn
die Deutsche Post im Prospekt mit dem offiziellen und millionenfachen Verkauf personalisierter
Daten auf Kundenfang geht, nur weil sie ein Weihnachtspaket verschickt hat? Ob
nun Amazon, Mercedes, Ratiopharm oder der Schraubengroßhändler Meier um die Ecke,
sammelt, kauft, verhökert und nutzt seinen Datenbestand. Sogar der
Handelsvertreter in Damenunterwäsche. Die Frage des Missbrauchs wird erst dann
gestellt, wenn es einen Verlierer gibt und er einen Schuldigen sucht. Der
Schuldige ist jedoch immer der Verbrauer, der Mensch, das Individuum. Sie geben
ihre Daten preis, meist naiv, unwissend, uninteressiert oder leichtfertig.
Was wird nun folgen? Wird Facebook nun medial niedergeknüppelt? Werden
aufgrund des medialen Geschreis neue Gesetze erlassen? Etwa Verbote ausgesprochen? Dürfen Datenkraken
wie Facebook, Amazon, Twitter &Co. in Zukunft keine Daten mehr weitergeben? Der kleine
Unternehmer und der Mittelstand - sie werden große Augen machen, da Konsumdaten in Massen in den großen
Unternehmen verbleiben und kumuliert werden. Die Folge? Facebook wird noch
mächtiger werden, noch marktbeherrschender und noch reicher. Werbetreibende könnten
Facebook nicht mehr umgehen, sie müssen dort werben, wenn sie ihre Waren
anpreisen wollen. Na denn, prost Mahlzeit besonders für die Politik. Sie würde sich endgültig
die eigene Grube des Unwissens graben.
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