Man hält es manchmal im Kopf nicht aus. In Österreich
könnten die Sozialdemokraten mit der rechten FPÖ einen Schulterschluss
vollziehen, um einen Misstrauensantrag gegen Bundeskanzler Sebastian Kurz einzubringen.
Wieder einmal ein schönes Beispiel, dass moralisch-sittliche Kategorien für die
Roten hier wie da keine Rolle spielen. Es ist inzwischen Gang und Gäbe, dass Polit-Eliten
ihre moralischen Standpunkte so häufig wechseln, wie Huren die Freier.
Wie abgrundtief verrottet Parteien bis in die feinsten Wurzelenden ihres Handelns sind, kann man an der Art und Weise, wie sich ihre
Repräsentanten gebaren, wenn es ihnen ans Leder geht. Jene Wähler, die sie einst gewählt und sich darauf
verlassen haben, dass ihre Anliegen, Sorgen und Nöte nach bestem Wissen von den
Vertretern ihrer Parteien ernst genommen und gelöst werden, wenden sich
inzwischen angewidert ab.
Moral, Ethik, Loyalität dem Wähler gegenüber,
Integrität und Verlässlichkeit, es sind Attribute, die in der politischen Kaste
dem maximalen Verfall ausgesetzt sind. Der Bürger muss erkennen, dass er es in
unserer Zeit mit einem politischen Pack zu tun hat, das Kraft der ihr übertragenen
Macht nur einen einzigen Zweck ihrer Existenz kennt. Den eigenen Vorteil, die
eigene Karriere und die persönliche Bereicherung. Zwar bietet Österreich uns
gerade den besten Anschauungsunterricht, wie Diplomatie die Niedertracht
schönt. Aber machen wir uns nichts vor, unsere etablierten Parteien stehen den Österreichern um nichts nach.
Man braucht als Politiker vom Schlage der
Ex-FPÖ-Politiker Johann Gudenus und Heinz-Christian Strache größtmögliches
Talent für eine optimale Verzerrung der Wahrheit, wenn man sich dem Publikum
als Opfer verkaufen will. Die Falle, in die sie getappt sind und nun einen
justitiablen Hinterhalt bezeichnen, ist der blanke Hohn. Obwohl das Ibiza-Video,
gleichgültig wie und unter welchen Umständen es entstanden ist, unbestreitbar
dokumentiert, wie obskure Typen gleich hirnamputierten Muskelproleten aus
Wien-Ottakring bereit sind, Land und Bürger zu bescheißen, beklagen sie jetzt
als dummen Ausrutscher.
Ja, Strache und Konsorten entblöden sich sogar, stets auf
rechtliche Vorschriften hingewiesen zu haben, obwohl sie gleichzeitig darüber
laut nachdachten, wie man russische Spendengelder über dubiose Kanäle in das eigene
Parteisäckel fließen lassen kann. Der Hinweis, man habe im Suff Unsinn geredet,
verfängt nicht. Im Gegenteil.
Noch befremdlicher ist das, was nun folgte. Nach dem
Rücktritt Straches schasste der Bundespräsident der Republik van der Bellen
auch den österreichischen Innenminister Kickl. So weit – so gut. Daraufhin
traten alle Minister der FPÖ zurück. Aus Trotz? Eine parteiinterne Selbstkritik
ist schlankweg mit Selbstgerechtigkeit ersetzt worden. Mir kann niemand
erzählen, dass langjährige Kollegen innerhalb von Parteien und Organisationen
nicht sehr genau über Charakter und innere Haltung der anderen bestens Bescheid
wissen. Es scheint völlig normal zu sein, sich unter fragwürdigen Umständen mit
einem blonden, gut gebauten, russischen Lockvölgelchen in einer Villa zu
treffen und den großen Maxen zu spielen. Doch die Beantwortung einer Frage
würde aus der politischen Schweinerei vermutlich die Vollendung einer
grenzenlosen Schamlosigkeit heutiger Politik vollenden: "cui bono?"
Wollte ich provozieren, würde ich behaupten, dass eine
wertneutrale Demokratie von anmaßenden und dreisten Nullen beherrscht wird, da
macht Deutschland keinen Unterschied. Die Wirklichkeit ist schlimmer.
Demokratie ist ein wirtschaftlich dominierter, politischer Basar, in dem, je
nach Farbe und Bedeutung der Partei, Karrieren ihren Preis haben, notfalls auch
den Preis des dämlichen Bürgers, der sie gewählt hat. Und jeder, der im Basar
von Izmir einem durchtriebenen Teppichhändler einen angeblich handgeknüpften Seidenghom
günstig abgehandelt hat, ist für eine parteipolitische Karriere bestens
gerüstet, auch wenn er beim Kauf desselben beschissen wurde. Allerdings
wird er den Reinfall dem Wähler als Gewinn, Erfolg oder großartige
Errungenschaft verkaufen.
Was schert es die Parteispitze, wenn ein paar
engagierte Überzeugungstäter in ihren Reihen aufgenommen werden, die
ambitioniert die Zukunft mitgestalten wollen. Es bleibt die traurige Tatsache,
Engagement, Bildung oder gar Kompetenzen sind kontraproduktiv und eher störend
- hehre Ziele hinderlich. In den Parteien herrscht der gelebte hierarchische
Pleonasmus – angesiedelt irgendwo zwischen Infanterie, Bürgerplünderung und
Kanonenfutter. Die Demokratie wurde hinter unserem Rücken längst meistbietend
verkauft. Die Parteifarbe spielt in Hinsicht der Charaktere ihrer Führer
absolut keine Rolle, denn Moral, Ethik, Anstand und ehrliche Überzeugungen sind
keine Kategorien, die man am Kleiderhaken aufhängt, sobald man ein Amt
angetreten hat.
Da nimmt man auch mal ein gefälschtes Abiturzeugnis,
einen unzulässigen akademischen Grad oder einen getunten Lebenslauf in Kauf.
Eintrittsgelder dagegen sind willkommen. Und wenn so ein politisches
Charakterschwein genügend Kollegen und Parteifreunde vor die Wand hat laufen
lassen, dann darf er auch dabei helfen, das Volk zu regieren, während man die
eigenen Taschen mit Ansprüchen und illegalen Zuwendungen füllt.
Nun ja, ich kann‘s ja verstehen, ich würde die Investition
in meinen Schreibtisch auch gerne verrentet sehen. Was tut man nicht alles für
ein Wassergrundstück in bester Lage und eine sichere Zukunft. So dumm kann
niemand sein, allerlei Unwägbarkeiten im Zuge seiner Karriere in Kauf zu
nehmen, auch wenn es mit eigener politischer Überzeugung nichts mehr zu tun
hat.
Doch nun heißt es, sich wieder ins
Zeug zu legen. Die Europawahlen stehen vor der Tür und die Bevölkerung aller
Mitgliedsländer sollen nun „integren“ Volksvertreter wählen, von denen sie
nicht wissen, wann, in welcher Form und mit welcher Auswirkung sie uns das nächste
Mal bescheißen. Günstigstenfalls aus Dummheit. Dann geht mal schön wählen...
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