Rechtzeitig zur Weihnachtszeit bereitet sich auch die SPD
darauf vor, alle, die sie lieben und nicht lieben, in der Heiligen Nacht mit
himmlischen Gaben zu bedenken. Endlich ist es soweit. Nicht nur die Parteibasis,
sondern auch der gemeine SPD-Wähler darf sich über die Bescherung freuen. Sankt
Martin war heimlich in die Rolle des Santa Claus geschlüpft. Posaunen, die vor
mehr als zweitausend Jahren die Mauern von Jericho zum Einsturz gebracht
hatten, erfüllten den Himmel mit einem infernalischen TÄTERÄ… TÄÄÄ....
Ho, ho, ho, tönte es aus kosmischen Sphären. Ordentlich
Sternenstaub hinter sich herziehend, schwebt Santa Claus aus Würselen mit
Schlitten und Rudolf, the rednosed Rendeer durch den Koalitionsnebel hernieder.
Mit schnalzender Zunge und Peitschenschlag bringt er den Himmelsschlitten am
Montagabend direkt hinterm Rednerpult der Fraktionssitzung zum Stehen. Aus dem
Dunst materialisiert sich eine bärtige Gestalt. Ein Raunen geht durch die
Menge, als Sankt Martin dem Schlitten entsteigt und seinen gewaltigen Sack auf
dem Podium abstellt. Übertreibung war schon immer sein Markenzeichen.
Theatralisch lässt Sankt Martin den Blick über die
hoffnungsvollen Mienen der Anwesenden schweifen, bevor er wie ein Heilsbringer
die Arme ausbreitet und zu sprechen beginnt. Mit gütigem Timbre in der Stimme
lässt er die Gläubigen in den hinteren Reihen wissen: „Kinder … - hiermit
verkündige ich euch …, dieses Jahr gibt es KoKo“ unterm Weihnachtsbaum“.
Freudige Erwartung wechselt mit atemloser Spannung. Im Saal knistert es vor
Neugierde. KoKo …? Wieder erfüllt ein vernehmliches Raunen den Saal. Das gab‘s
noch nie.
Doch dann war Schluss mit lustig. Eingeschlagen in güldenem
Geschenkpapier und silbernen Schleifchen präsentiert er die
Koalitions-Kooperation – abgekürzt KoKo. "Nein, nicht von Chanel",
erläutert Sankt Martin den überraschten Teilnehmern in der Fraktionssitzung
sein grandioses Modell. "Wir werden nur noch einige wenige Kernprojekte
aus unserem Parteiprogramm im Koalitionsvertrag verankern." Allen
Anwesenden verschlägt es die Sprache. "Die meisten Themen werden wir
bewusst offen lassen", so spricht er zu seinen Genossen.
"Später", so fährt er mit fester Stimme fort, "später, wenn wir
mit in der Regierung im Bundestag sitzen, können wir immer noch unsere
Forderungen diskutieren und aushandeln."
Die neue Idee hat den Vorteil, dass man die kleinen
Unstimmigkeiten mit Christkind Angela ohne heftigen Flügelschlag regeln kann
und bei den eignen Wählern keinen Gesichtsverlust erleidet, gleichzeitig aber
den Eindruck erweckt, sich erfolgreich durchgesetzt zu haben. "In meinem
Geschenkpaket ist zwar nichts von Bedeutung, aber damit lässt es sich allemal
mitregieren", so Sankt Martins Argument. Zur Bestätigung erklingt aus dem
Hintergrund Engel Nahles' silberhelle Stimme: „Oh…, ein so schönes Geschenk …“
und stimmt gemeinsam mit den Jusos ein Weihnachtslied an. „Vom Himmel hoch, da
kommt er her…“
Ah…, ja, denke ich! Was schert Sankt Martin, was der Bürger
will. Schließlich reichen die Geschenke nur für jene, die ohnehin nicht im
Dreck sitzen. Renten? Gibt’s später. Bürgerversicherung? Später…! Verbesserung
der Pflege? Wer braucht das schon! Flüchtlinge? Haben wir bereits, könnten aber
gerne ein paar mehr sein. Aber nächstes Weihnachten kommt bestimmt.
Wahrscheinlich besteigt er im Anschluss wieder seinen Himmelsschlitten und
schlittert mit Rudolf the Rendeer von dannen. Im Stillen übersetze ich die
himmlische Botschaft. Bei seinem Weihnachtsgeschenk handelt es sich lediglich
um liebevoll verpackte Scheiße. Weckt Erwartungen, will aber niemand, braucht
niemand, riecht schlecht und kann weg.
Anders ausgedrückt, alles, was noch vor wenigen Tagen eine
„conditio sine qua non“ war und bei der SPD als essentiell bezeichnet wurde,
will man in stimmungsvollen Koalitionsverhandlungen bei Kerzenschein und
Plätzchen erst gar nicht ansprechen. Die viel gerühmten Inhalte sind für die
Führungsnasen in der Partei nicht mehr als vernachlässigbare
Verhandlungsparameter, die man auch getrost nach hinten verschieben kann. Das neue Motto der SPD: Wir fordern nichts, aber dafür kämpfen wir. Der
Bürger hat ein kurzes Gedächtnis, vergisst schnell und freut sich darauf, dass
Rodolf und Martin in nur 12 Monaten aus dem kuschligen Wolkenkuckucksheim
wieder auf die Erde herniederschweben.
Besonders interessant war nach Sankt Martins Auftritt das
Statement unseres allseits geliebten Siggi. Der heilige Sankt Gabriel erhob
seine Stimme: Zitat – „Das Schlimmste was uns passieren kann ist eine Situation
wie damals in Belgien, die zwei Jahre lang keine Regierung hatten. Das kann für
uns alle wirklich gefährlich werden.“ Zitat Ende. Stimmt, kann ich da nur
sagen. Wenn die Bürger erst einmal bemerken, dass man unsere Regierung gar
nicht mehr braucht, dann wird es wirklich eng. Dann darf so mancher seinen gut
alimentierten Ministersessel räumen. Stille Nacht, heilige Nacht, kann man da
nur noch sagen.
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