Was so positiv formuliert über die Lippen unserer
Kanzlerin plätschert – emotionslos – versteht sich -, ist nichts weiter als ein
strategischer Schachzug, die eigene Karriere nicht mit einem Fall ins Bodenlose
zu beenden. Sie sorge sich um die Zukunft Europas, so ihre verklausulierte
Einlassung im Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“. Sie habe ein
gestiegenes Verantwortungsgefühl für Europa.
Umso verwunderlicher ist es, dass die CDU nicht einen Spitzenkandidaten
aus den eigenen Reihen nach Brüssel geschickt hat, sondern den blutarmen und von
jeglicher Empathie befreiten Manfred Weber der Schwesterpartei CSU. Doch schaut man genauer
hin, fällt auf, dass es seit mehr als 10 Jahren Merkels gängiger Führungsstil
gewesen ist, missliebige, inkompetente, gefährliche Parteimitglieder oder
Querulanten entweder ins Nirwana oder nach Brüssel abzuschieben, bevor sie auf
die Idee gekommen sind, in ihrem Umfeld wichtig werden zu wollen.
Jetzt hat Merkel noch einen draufgesetzt, zumal von langer Hand vorbereitet. Sie wird Martin Weber nach bester Küchenmanier auf dem EU-Grill abkochen, wohl wissend, dass der anämische Dandler aus Niederbayern schon wegen seines unterirdischen Charmes nichts gegen ihre hartnäckige Sturheit ausrichten kann. Wie es aussieht, wird es auf ein ungleiches Rennen zwischen einem drögen Milchgesicht und einer ehemaligen DDR-Funktionärin hinauslaufen, die mit ihrem Kanzlerbonus in kommenden Jahren den Präsidentenstuhl der EU auf Äußerste strapazieren wird.
Weber, das dürfte ziemlich klar sein, wird bei der
Europawahl nicht einmal einen Blumentopf gewinnen. Das Rennen um den Posten des vorläufigen Spitzenamtes in der EU-Kommission dürfte die dänische Politikerin
Margarethe Vestager machen, die den CSU-Dödel bei der gestrigen Vorstellung der
Bewerber ziemlich alt hat aussehen lassen. Eine Überraschung ist das freilich
nicht, zumal Weber seine eigene Schlichtheit fälschlicherweise als Stärke
interpretiert.
Alles deutet jetzt darauf hin, dass Merkel ihren
post-heroischen Anspruch auf eine führende Rolle in der EU fortzusetzen
gedenkt, sobald die Wahlen gelaufen sind. So verkündete die machtbrünstige Angela, ausgestattet mit
extremem Sitzfleisch, sich künftig mit noch größerem Engagement als bisher für
Europa einsetzen zu wollen. Dabei verwies sie auf Emmanuel Macron, zu dem sie
ein besonders gutes Verhältnis habe, wohl auch deshalb, weil der französische
Windbeutel und Lieblingsschwiegersohn aller deutschen Mütter, bei der
Verteilung von Schlüsselpositionen den Weichensteller in der EU macht.
Schon Goethe sagte einst treffend: Seid mit vorsichtig
mit dem Pack, mit feiner Seide näht man keinen groben Sack. Will heißen, das
Regierungspack in Berlin lässt keine noch so hinterhältige Taktik, keine noch
so abgefeimte Gemeinheit oder hinterfotzigen Plan aus, um Kollegen,
Kontrahenten und Wettbewerber gegen die Wand laufen zu lassen. Angela hat sich in Stellung gebracht, zumal sie mit dem vom Ischias geplagten Jean-Claude in
irgendeinem Hinterzimmer ihre Ambitionen abgestimmt hat. "Angela Europae regina adextris divina." Die Intronisation wird Jean-Claude mit 1,8 Prozent Ischias durchführen.
Immerhin ließ dieser Jean-Claude die Funke
Mediengruppe wissen: "Angela ist nicht nur eine Respektsperson, sondern
ein liebenswertes Gesamtkunstwerk." Mit Blick auf ein mögliches EU-Amt
Merkels fügte er hinzu: "Hochqualifiziert wäre sie." Nun ja, unter einem weiblichen Gesamtkunstwerk könnte ich mir eher Claudia Cardinale zu ihren besten Zeiten
vorstellen. Zur Not auch noch Heidi Klum, als sie 25 Jahre alt war. Legt man
das intellektuelle Durchschnitts-Niveau der Abgeordneten in Brüssel zugrunde, dürfte
selbst Germans Next Top-Modell den dort vorherrschenden geistigen Anspruch kaum
nennenswert verschlechtern.
Hübsch war auch Angelas Hinweis auf Europas
Verteidigungsfähigkeit. "Wir finden immer eine Mitte", sagte sie. Als
Beispiel nannte Merkel "enorme Fortschritte" in der
Verteidigungspolitik. Ja, alle Wetter! Wie kommt sie nur auf diese Idee, wenn
nicht einmal die Grenzen Europas vor täglich massenhaft einfallenden
Flüchtlingen geschützt werden können? Wenn diese Herrschaften mal nicht die
sogenannten Populisten aus Italien, Ungarn, Frankreich und den Visegrád-Staaten
wie Polen, Tschechien, Slowakei und Ungarn unterschätzen. Denn die beschworene
Mitte unserer Noch-Kanzlerin kann nächste Woche in einem wahren Polit-Debakel enden.
Dann wird’s wohl nix mit Merkels Nachfolge in Brüssel.
Ich habe den Atem angehalten, als ich hörte, wie aus
Angelas verkniffenen Mundwinkeln der Satz perlte: “ …in den Kernfragen -
wohin entwickeln sich Europa, die Wirtschaft, welche Verantwortung tragen wir
für das Klima und für Afrika…?“ Mich machen solche sinnbefreiten Worthülsen
immer nervös, zumal ich mir nicht vorstellen kann, weshalb deutsche Bürger der
Meinung wären, dass wir Verantwortung für Afrikas Entwicklung tragen müssten. Die
interessieren sich wohl eher für ihre Renten, die Mieten, für Bildung und für
die Perspektive, wie es in Deutschland weitergeht.
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