Das Abendthema bei Illner hätte so spannend werden
können, wäre Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) wegen Erkältung oder Mumms
zuhause geblieben. So aber saß sie in der Runde mit Kevin Kühnert, Chef der
Jusos, desweiteren mit dem FDP-Vorsitzenden Wolfgang Kubicki und einer nichtssagenden Janine Wissler von den Linken sowie dem ehemaligen CDU-Berater Michael Spreng.
„Können Sie Kanzler?“ will Maybrit in bester
Türkengrammatik von der Fleisch gewordenen Zumutung aus dem Saarland wissen.
Die Möchtegern-Vorsitzende braucht nicht nachzudenken. Wie aus einem hölzernen Leierkasten
purzeln ihre in Lochbändern eingestanzten Sätze über die Lippen: "Ich bewerbe mich als Parteivorsitzende.“
Dann stockt die mechanische Sprachwalze für einen Augenblick. Ich fühlte
spontan das Bedürfnis, die Kurbel weiterzudrehen. Doch dann kam: „Zum Glück
entscheiden nach wie vor die Wählerinnen und Wähler." Was haben wir doch
für ein Glück.
"Was
würden Sie anders machen?", fragt Illner weiter. Geistiger Lochbandwechsel
für die neuen Sätze und Kramp-Karrenbauer fährt fort. Sie spricht von einer
anderen Diskussionskultur, die sie als Vorsitzende in ihrer Partei gerne
etablieren würde. Ich fürchte nur, es würde beim Willen bleiben, wie so vieles,
was Politiker gerne wollen. Michael Spreng dagegen, der durchtriebene Fuchs,
lag auf jeder Lauer, die sich ihm bot. Bei ihrem Satz: Sie wisse, dass die
Menschen jemanden wollten, der es ernst mit ihnen meine, umspielte ein leises
Lächeln seine Lippen.
Aber dann wurde es doch noch spannend, als die Sprache
auf die Flüchtlingspolitik kam. Die
Saarländerin erklärte kategorisch, muslimische Verbrecher aus Deutschland
auszuweisen und dafür zu sorgen, dass jene Elemente unser Land niemals wieder
betreten. Sofort erscheint vor meinem geistigen Auge die Überschrift des Berliner
Express von heute Morgen. „Bundespolizei schiebt sieben Personen mit 89
Identitäten ab.“ Da stellt sich mir spontan die Frage, wer genau saß im
Flugzeug und wen will man nicht mehr reinlassen. Aber lassen wir den
satirischen Seitenhieb mal beiseite.
Wir wissen ja längst, Gesundheitsminister Jens Spahn
und Politik-Rentner Friedrich Merz, der genügend Selbstironie mitbringt, um
sich nach neun Jahren Pause so vorzustellen, mischt wieder mit: "Mein Name
ist Friedrich Merz. Mit ,e’." Gut, dass er es erwähnt hat, zumal es einige
Redakteure gab, die das nicht so genau wussten. Dafür wusste Kubicki umso mehr.
Wenn die CDU Wohlgefühl will, müsste sie sich für Annegret
Kramp-Karrenbauer als Vorsitzende entscheiden. Wenn sie Wahlen gewinnen wolle,
werde sie Friedrich Merz zum Vorsitzenden machen. "Wenn sie Wahlen nicht
gewinnen will", fügt der FDP-Mann schelmisch an, "finde ich das auch
gut." Nicht nur er, ich bin dabei.
Und dann konnte ich an einem klassisch roten Highlight
teilhaben. „Ich als schwuler Mann“, meldete sich Kevin Kühnert zu Wort. Ja, er hat tatsächlich das Wort Mann verwendet. Um ein
Haar hätte ich mich an meiner Salzstange verschluckt. Er griff eines der
nebensächlichsten Themen Deutschlands auf, die Ehe für alle. Vermutlich wollte
er die Medienpräsenz mit dieser Botschaft nutzen, um seiner schwulen Zielgruppe
mitzuteilen, dass er noch zu haben ist. Mein Gott, man muss schon Nerven wie
Drahtseile haben, solche Figuren unbeschadet zu überstehen. ZumGlück hatte ich eine Flasche Montepulciano Rosso im Kühlschrank.
Zum Abschluss folgte Illners Frage und Antwortspiel.
Kramp-Karrenbauer brachte den inneren Blasebalg für die neuen Sprechkonserven
in Bereitschaft. Schade, dass sie ihre Antworten nicht in Gedichtform parat
hatte, dann hätte ich den Inhalten wenigstens eine lyrisch-wertvolle Komponente
abgewinnen können.
Ohne Punkt und Komma, ohne jambisches Versmaß und ohne
Höhen und Tiefen spulte die Leierkastenfrau aus dem Saarland ihre Textkonserven
ab. „Ein höherer Spitzensteuersatz steht im Moment nicht zur Debatte….
Der Mindestlohn sei nicht zu niedrig…. Ja zu Ankerzentren... bla, bla, bla.“ Das
Wort "Staatsversagen", mit dem Jens Spahn die politischen Vorgänge
von 2015 beschrieben hatte, nutzte sie trotz mehrmaliger Nachfrage nicht; es
sei eine "Ausnahmesituation" gewesen. Ich vermute, der Lochstreifen
in ihrem Hirn war verklemmt.
Als endlich Janine Wissler zum Zuge kam, feuerte sie maschinengewehrartige Salven auf Diskutanten. Wolle man zusehen, wie wieder Tausende Migranten im Mittelmeer ertrinken? Sie vergaß allerdings zu erwähnen, dass man latent suizidale Neigungen haben muss, um auf die Idee zu kommen, mit einem Gummiboot ins Nirgendwohin zu paddeln. Auf die Frage, ob sie Frau Wagenknecht in der Partei verdrängen wolle, ging sie gar nicht erst ein.
Nun ja, eigentlich war es so, wie es bei Illner immer ist. Man kann diese Art selbst beweihräuchernde Sendungen in die Kategorie "abendlicher Tinnef" einordnen und sich stattdessen besser einen ansaufen.
Als endlich Janine Wissler zum Zuge kam, feuerte sie maschinengewehrartige Salven auf Diskutanten. Wolle man zusehen, wie wieder Tausende Migranten im Mittelmeer ertrinken? Sie vergaß allerdings zu erwähnen, dass man latent suizidale Neigungen haben muss, um auf die Idee zu kommen, mit einem Gummiboot ins Nirgendwohin zu paddeln. Auf die Frage, ob sie Frau Wagenknecht in der Partei verdrängen wolle, ging sie gar nicht erst ein.
Nun ja, eigentlich war es so, wie es bei Illner immer ist. Man kann diese Art selbst beweihräuchernde Sendungen in die Kategorie "abendlicher Tinnef" einordnen und sich stattdessen besser einen ansaufen.
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