Das bekannte Kinderspiel, bei dem der schwarze Mann
davonlaufende Kinder abklatschen muss, erinnert mich stark an das Verhalten der
Parteien bei der konstituierenden Sitzung des neuen Bundestages. Nun ja,
nachdem in den letzten 4 Jahren SPD, CDU und GRÜNE „Blinde Kuh“ und
„Sackhüpfen“ bevorzugten, scheinen sie nun, wegen der neuen Kiddies aus der
Nachbarschaft, die auch mal mitmachen wollen, ein neues Spiel mit eigenen
Regeln aufstellen zu wollen. Psychologisch gesehen, ein Klassiker aus dem
Gruppenverhalten im Kindergarten. Kommen neue Kinder hinzu, prallen Welten
aufeinander. Der oder die Neue wird erst einmal ausgegrenzt. Mit allen
kindlichen Mitteln.
Exakt dieses Bild zeigte sich am letzten Freitag im
Parlament. Die neue Regel heißt, bevor der „Neue“ einzieht: Änderung der
Geschäftsordnung. Der Alterspräsident des Bundestags wird nicht mehr nach
Lebensjahren bestimmt. Statt nach Lebensjahren wird er künftig nach den
parlamentarischen Dienstjahren bestimmt. Das beschloss die Mehrheit der großen
Koalition. Ähnlich wie in der Kita, beschließen die Kleinen am Spieltisch, dass
sie beim „Mensch ärgere dich nicht“ ab sofort drei Mal würfeln dürfen und der Neue nur einmal.
Bei unseren Politikern hört sich die Begründung freilich so
an: Wir wollen sicherstellen, dass die konstituierende Sitzung von einem
Abgeordneten mit ausreichend Erfahrung geleitet wird. In Wahrheit wird ein Abgeordneter
der AFD in der Rolle des Alterspräsidenten verhindert. Denn nach der bisherigen
Regelung wäre vermutlich der 77-jährige AfD-Politiker Wilhelm von Gottberg
aussichtsreichster Kandidat gewesen. Nun gilt Wolfgang Schäuble als Favorit.
Der Bundesfinanzminister wird kurz vor der Wahl zwar erst 75 Jahre alt, gehört
dem Bundestag aber schon seit 1972 an. Häme, Schadenfreude und klammheimliche Genugtuung kam auf, man hat es den Mienen der
Beteiligten angesehen. Ätsch...! Kinderdemokratie nennt man das. Der Stärkere haut dem
Kleinen auf die Nase!
Wer sich wundert, dass die GRÜNEN gegen diese Reform
stimmten, braucht sich nur an seine Kindertage im Sandkasten zurückerinnern. Da
gab es auch immer ein oder zwei, die lieber „Bi-Ba-Butzemann“ gespielt hätten,
als eine gemeinsame Sandburg zu bauen. Es ist den professionellen Heulsusen und
beleidigten Leberwürsten nicht zu verdenken, dass sie schon um der Leberwurst
Willen gegen alles sind, was sie in ihrer Bedeutungslosigkeit bestärken könnte. Ob sie eine Sandburg zustande bringen würden, mag auch bezweifelt werden.
Erika Steinbach, der CDU schon seit längerer Zeit den
Rücken gekehrt hat und als fraktionslose Abgeordnete im Bundestag sitzt,
bezeichnete die Reform als „Zeichen der Schwäche und des Kleingeistes“. Ich
gehe einen Schritt weiter. Dieser politische Haufen intellektuell
zurückgebliebener Verhaltensneurotiker beweist noch vor der anstehenden
politischen Arbeit, dass mit geistigen Entwicklungsschritten im späteren
Zusammenwirken bei den zu lösenden Problemen nicht zu rechnen ist.
Wenn Parlamentarier schon von Beginn an mit
diskriminierenden Winkelzügen ihre Macht demonstrieren, dann hat keiner von
ihnen Demokratie wirklich begriffen, und keiner von ihnen Selbstbewusstsein
bewiesen. Welch ein jämmerlicher Haufen. Überdies haben sie die theoretische
Chance auslassen, dass sich möglicherweise ein AFD-Abgeordneter bei seiner
Antrittsrede hätte blamieren können, aber nicht einmal zu einer taktisch klugen
Erwägung sind diese Polit-Dilettanten fähig. Zuspitzung gehörte einfach zum
Geschäft – Vergleichbare Verbal-Attacken gab es auch schon bei Brandts,
Schmidt, Wehner und Kohl. Leider sind mehrheitlich Versorgungsmentalität,
egomane Besserwisserei, Selbstüberschätzung, Machtbesoffenheit und gottgleiche
Selbstbilder die zentralen Merkmale unserer Politiker.
Die alte Koalition mit ihrer selbstgefälligen und
durchsichtigen Machtkorrektur lieferte gleichzeitig die Steilvorlage für einen
Vergleich, die unseren ach so integren und „Geschichtsbefreiten“ Biedermännern
in Nadelstreifen Verhaltensweisen von 1933 unter die Nase rieb. Der
AFD-Abgeordnete Baumann erinnerte daran, dass es in der Geschichte des
deutschen Parlamentes nur ein einziges Mal sei, die Regel zur Wahl eines
politischen Gegners gebrochen habe. Es war 1933 Hermann Göring der "damals
„Clara Zetkin" auflaufen ließ. Es sei dahingestellt, ob der Abgeordnete
Baumann recht hat oder nicht, ob solche Vergleiche legitim sind oder nicht. Die
Frage ist nur: Muss eine Demokratie Provokationen aushalten können? Ich sage,
ja. Muss sie auch die Wahl von Claudia Roth zur Bundestags-Vizepräsidentin
aushalten? Ich meine, nein. Aber was will‘ste machen, dem Bürger bleibt keine
Wahl.
Zurück zu Herrn Baumann und seinem Vergleich. Natürlich
fühlte sich der ganze Plenarsaal provoziert und gackerte wie ein
aufgeschreckter Hühnerhaufen. Wenn sich jemand erlaubt, unsere so genannte
Demokratie in ihrer Brüchigkeit dermaßen vorzuführen, dann ist es kein Wunder,
wenn sich Politiker reflexartig wieder an die Kindergartenzeit erinnern und
Schmollmünder ziehen. Es ist ziemlich infantil, als Gegner die Empörten zu
spielen, wohl wissend, dass ihnen die verdammte Wahrheit vor Augen geführt
wurde. Sie sorgen mit ihrem pharisäerhaften Gehabe nur für noch mehr
Aufmerksamkeit. Es werden auf noch mehr Menschen erreicht werden und sich die
eigenen Anhänger bestätigt fühlen.
Lange Rede, kurzer Sinn, der verbale Worthülsen-Pleonasmus
selbstverliebter Egozentriker wird uns genauso erhalten bleiben wie bisher. Wir
dürfen gespannt sein, mit welchen Mitteln unsere Demokratie noch effizienter unterhöhlt wird.
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