Ob die ehemaligen Umweltminister Angela Merkel, Norbert
Röttgen, Peter Altmaier oder Sigmar Gabriel, ganz gleich, sie alle haben
verdammt viel Dreck am Stecken und die Affäre stinkt zum Himmel. Hinter
gepolsterten Türen und in Hinterzimmern wurde zwischen Ministern und
Fahrzeugbossen gekungelt, dass einem noch nachträglich Angst und Bange werden
könnte. Mögen die verantwortlichen Herrschaften alle noch so lautere Mienen
ziehen, populäre Phrasen dreschen oder sich mit der Attitüde maximaler Lauterkeit
schmücken, Integrität, Moral und Verantwortung sind Begriffe, die den
Teilnehmern dem Sinn nach völlig fremd sind. Macht, Geld, Einfluss, das sind
die Dimensionen ihrer Ethik. Das zumindest hat der Diesel-Gipfel wieder einmal
bewiesen.
.
Längst ist bekannt, dass bereits 2009 diverse, ernst zu
nehmende Gutachten über Abgasmanipulationen sowohl bei Kanzlerin Merkel als
auch beim damaligen Bundesumweltminister Sigmar Gabriel auf den Schreibtischen
lagen. Im jenem Frühjahr war öffentlich geworden, dass VW über Jahre hinweg
Diesel-Autos mit einer elektronischen Einrichtung ausstattete, die eine Abgasreinigung
bei Tests auf dem Prüfstand aktivierte, im Betrieb auf der Straße aber
abschaltete. Im Ergebnis stießen diese Fahrzeuge zu viel Stickoxid aus, die zu
schweren Atemwegserkrankungen führen können.
Aus den Gutachten der vom Ausschuss beauftragten Sachverständigen
sei klargeworden, dass die Behörden schon mindestens seit 2007 über die
Manipulationen der Hersteller Bescheid gewusst hätten. Schon damals sei bekannt
gewesen, dass das Prüfverfahren keine realistischen Abgaswerte messe. Anfang
2008 hatten die deutschen Automobilbauer beim Kraftfahrtbundesamt massiv
interveniert, dass die von den Umweltbehörden geforderten Emissionswerte ohne
erhebliche Leistungsverluste und Kosten technisch nicht realisierbar seien. Man
hat sich hinter verschlossenen Türen geeinigt. Auf was, das wissen wir heute.
Das sind jetzt 8 empörende Jahre her.
In der Abgasaffäre wurde kürzlich auch Angela Merkel
zitiert. Im VW-Untersuchungsausschuss sollte geklärt werden, wann die
Bundesregierung vom Abgasskandal erfuhr. Unsere Kanzlerin berief sich
kurzerhand auf Erinnerungslücken. Des Weiteren sollte die Kanzlerin erklären,
was die Bundesregierung seit 2007 mit Blick auf Abgasregeln unternommen habe
und wann sie von Manipulationen erfuhr. Von dem mit dem Skandal bekannt gewordenen
Begriff "Abschalteinrichtung" der Abgasreinigung habe sie erstmals in
Zusammenhang mit Berichten über den Fall VW gehört. Ah, ja…! Amnesie ist eine
weit verbreitete Krankheit in der Regierungsspitze, wenn‘s unangenehm wird.
Bekanntlich erhöht die Korruption die Widerstandskräfte bei Amts- und
Würdenträger und trägt erfolgreich zur Vergesslichkeit bei.
Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) wehrt sich gegen
die Unterstellung am 23. 07. 2017, sein Haus habe von Anfang an vom konkreten
Einsatz einer Abgas-Manipulations-Software bei Autoherstellern gewusst. „Die
Vorwürfe sind falsch und unanständig.“ Da fragt sich nicht nur der Autofahrer,
ob dieser Polit-Clown noch ganz richtig im Kopf ist und ob er den autofahrenden
Bürger für einen Vollidioten hält. Auf die Frage, wann er zum ersten Mal von
dem Verdacht gegen VW gehört habe, antwortete Dobrindt: „Ich hab's am
Wochenende aus der Zeitung erfahren, wie alle anderen auch.”
Au weh, denke ich mir. Wenn er erst vor ein paar Wochen
erfahren hat, dass die Auto-Industrie manipuliert, obwohl alle seine
Minister-Vorgänger nach Kräften beim Jahrmarkt der Giftgasverbreitung
mitgespielt haben, dann ist er entweder ein impertinenter Lügner oder schlicht
dämlich. Nun ja, ich will gerne einräumen: Dämlich Lügen geht auch. Wahr und
geradezu unglaublich ist: Das Bundesverkehrsministerium hat in den letzten 3
Jahren kein einziges Mal die Angaben der Hersteller kontrolliert.“ Der Grund:
Man habe die Industrie nicht behindern wollen – ein Implizit, das vielsagender
nicht sein kann.
Doch es kommt noch unterhaltsamer:
Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel hat Vorwürfe mangelnder Aufklärung und
einer Schonung der Autobranche im Abgasskandal zurückgewiesen. Von den
Diesel-Manipulationen bei Volkswagen habe er erst über Pressemitteilungen im
September 2015 erfahren, sagte der SPD-Politiker im Untersuchungsausschuss des
Bundestags. Auch Kanzleramtschef Peter Altmaier und Bundesumweltministerin
Barbara Hendricks hatten demnach keine Ahnung. Welch ein unwürdiges
Kasperl-Theater.
Vize-Kanzler und Bundeswirtschaftsminister Gabriel war in
seiner Karriere immer wieder mit VW und der Autoindustrie befasst. Als
Ministerpräsident saß er von 1999 bis 2003 im VW-Aufsichtsrat. Danach zog er
als Mitinhaber einer Beraterfirma einen Auftrag von VW zur europäischen
Industriepolitik an Land. In seine Zeit als Bundesumweltminister fiel die
Konzeption von Feldüberwachungen. Schon damals ging es darum, herauszufinden,
ob Autos auch im Straßenverkehr die CO2-Grenzwerte einhielten. Aus dem Konzeptpapier
des Umweltbundesamtes wurden 200 Seiten der heikelsten Passagen, die auf
Abschalteinrichtungen hindeuteten, herausgestrichen. Gedanken über den
Wahrheitsgehalt der Aussagen unserer Polit-Elite darf sich jeder selber
ausmalen.
Wenn gestern beim „Dieselbesitzer-Verarschungs-Deal“
verabschiedet wurde, mit dem Entgiftungs-Placebo die Städte sauberer zu machen,
dann beweist der Vorschlag der beteiligten Konzernchefs wieder einmal, wie
prächtig sie unsere Politiker im Sack haben. Das zeigten überdeutlich die
Mienen aller Beteiligten. Interessant allerdings ist nicht, wie viele Millionen
Dieselfahrzeuge kostenlos „up-gedatet“ werden sollen, sondern der
unausgesprochene der Zwang, den man auf die Bundesregierung ausgeübt hat.
Zuckerbrot und Peitsche, das beherrscht VW-Müller wie kein
anderer. "Wir erzählen dem Autofahrer ein hübsches, miteinander
abgestimmtes Märchen, das wir in wichtige Sätze verpacken und als bahnbrechende
Lösung verkaufen. Versteht ja eh keiner, worauf es hinausläuft". Die Damen
und Herren Minister spielen brav mit und dürfen im Gegenzug nach ihrer
Politkarriere bei VW oder den Kollegen bei Daimler auf ein gut bezahltes
Pöstchen hoffen. Das alles überragende Ziel dieser Gipfel-Schimäre: Alles tun,
um Wahl und Stimmen zu retten. Das Wahl-Vieh muss bei Laune gehalten werden...
Was läuft denn da wirklich? Die Kosten des Updates sollen
sich auf 500 Millionen Euro belaufen. Hardware-Nachrüstungen würden jedoch
mindestens 2,5 Milliarden Euro betragen. Die Kosten-Risiken der
Kartellverfahren und der Klagewelle aus den USA nicht eingerechnet. Im Klartext
reden wir dann über den kompletten Ausfall von Steuereinnahmen auf Gewinne bei
den Automobilkonzernen - und zwar über Jahre.
Müsste sich die Regierung dann der Not gehorchend beim
Bürger und Autofahrer über Steuererhöhungen das Geld holen um ihre Haushalte zu
retten? Die Antwort ist für Minister und Regierung wahrlich weit unangenehmer
als verpestete Luft, „upgedatete Dieselschleudern“ oder gar feine Luft in
Stuttgart oder Berlin. Das Motto des Tages: Was kümmert's uns, wenn der Bürger
eine Staublunge hat, solange wir im Amt gut versorgt sind...
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