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Es ist vollbracht, wir haben eine Regierung

Endlich hat das Elend ein Ende. Oder ist es der Anfang vom Ende? Angela Merkel ist in Berlin nach sechs Monaten von den Bundestagsabgeordneten für eine vierte Amtszeit als deutsche Kanzlerin mit knapper Mehrheit bestätigt worden. Keine Überraschung. Am Nachmittag wurden die Minister der großen Koalition nach ihrer Ernennung durch Steinmeier im Bundestag vereidigt. 



Doch was dürfen wir erwarten? Aufbruch? Dynamik? Zusammenhalt? Großartige Vokabeln, die bei der Koalitionsvereinbarung wie ein erfolgsversprechendes Zukunftsfanal über den Köpfen der Heilsbringer schwebte. Wer aber wohin aufbrechen und welche Dynamik an den Tag legen wird, das ist noch längst nicht klar, zumal von echtem Zusammenhalt keine Rede sein kann. Immerhin, die Werbeagentur hat bewiesen, wie man dem Wähler optimal einen Slogan als irreale Vision verkaufen kann.

Die Folgen der längsten Koalitionsbildung aller Zeiten waren für Politiker und Beamte in den letzten Tagen nichts Ungewöhnliches. Verwalten statt gestalten lautete das Prinzip im Regierungsviertel während der Koalitionsbildung. Nun ja, darin hatten sie ja vier Jahre Übung. Die Zukunft wird zeigen, wir unser Leben von nun an gestaltet wird. Monatelang blieb unseren hoch bezahlten Beamten angesichts der inhaltlichen Leere nichts anderes übrig, als spät ins Büro zu kommen und dafür früher zu gehen. Ich bezweifle, dass sich an der inneren Leere jener Verantwortungsträger etwas ändern wird. Die Erfahrung des Bürgers beweist: Was Politiker nicht im Kopf haben, haben sie im Kehlkopf, ob beim essen, trinken oder reden.

Seit einem halben Jahr hören wir, wie Minister jeder Couleur mit ernsten Mienen, identischem Vokabular und inhaltsschweren Vokabeln von Erneuerung sprechen. Im Ergebnis erschöpfen sich die Ankündigungen, die Parteien zu erneuern darin, dass man drei bis vier neue Gesichter aus dem Hut zaubert und sie mit Vorschusslorbeeren in die Ämter hievt. Die Presse springt auf die Fleischknochen wie hungrige Hunde und schlingen kritiklos die faden Happen hinunter, obgleich es sich bei genauer Betrachtung um nicht mehr als eine Kontinuität der Hilflosigkeit handelt.

Da werden in den inzestuösen Parteien Figuren verschoben, entsorgt, abgestraft und inthronisiert, um sich selbst den Touch kompetenter Zielorientierung zu verleihen. Künstlich gehypte Personen werden in die vordere Reihe gelobt, die keinen einzigen Tag in ihrem Leben Attribute vorgewiesen haben, die Hoffnung geben könnten, anstehende Aufgaben zum Wohle des Volkes umzusetzen. Es ist, wie es schon immer war. Machen wir uns nichts vor, das Hauptanliegen vieler Politiker ist ein Wassergrundstück in attraktiven Regionen, eine lebenslange Versorgung und eine satte Verrentung. 

Die Mehrheit der Abgeordneten sind zu Müßiggängern, zu Lobbyisten und zu parasitären Selbstversorgern verkommen und stehen bei Licht betrachtet ohnehin auf verlorenem Posten. Ich gebe zu, es gibt auch vereinzelt Idealisten, die allerdings meist nicht mehr zu sagen haben, außer die Worthülsen der Regierenden zu wiederholen: Wir sind bereit, Verantwortung zu übernehmen. Bei solchen Sprüchen hofft der Bürger, dass diese Schwätzer hoffentlich nicht ernst machen. Mehr und mehr komme ich zur Überzeugung, dass dem Parlament ein hauseigenes Wachsfigurenkabinett sehr zustatten käme. So mancher wäre dort gut aufgehoben.

Dazu passt auch die bräsige Selbstherrlichkeit der Ehemaligen einschließlich der neu gewählten Kanzlerin. Zu Zeiten von Franz-Josef Strauß hätten Minister wie Dobrindt aufgrund atemberaubender Kungelei mit der Automobilindustrie den Rücktritt anbieten müssen. Die Kanzlerschaft wäre in Frage gestellt worden und Staatsanwälte hätten auf der Stelle ihre Arbeit begonnen. Schon die Tatsache, dass Niedersachsen 20%iger Teilhaber des VW-Konzerns ist und mit dem Ministerpräsidenten Stephan Weil im Aufsichtsrat bei VW vertreten ist, legt nahe, dass der Dieselgate unter der neuen Regierung ausgesessen wird und die kalte Enteignung der Dieselfahrer durch Nichtstun legitimiert wird. Man könnte die Liste gelebter Unfähigkeit einiger Minister beliebig verlängern, sie bleiben uns mit ihrem „organisierten Versprechen“ und mit ihrer verbalen Onanie erhalten.

Es kann einem schlecht werden, wenn man die Augen über die Hinterbänkler der Regierungsvertreter schweifen lässt. Im Wesentlichen kann man das Konglomerat jenes alimentierten Leergutes mit vier Attributen zusammenfassen. Satt, dumm, faul und unfähig. Der aufgeblasene Apparat wird nun auch noch durch weitere Staatssekretäre bereichert. Der Bundestag ist um 12 Prozent gewachsen, von 631 auf 709 Mitglieder. Damit ist er nicht nur der größte Bundestag aller Zeiten, sondern auch das größte demokratische Parlament weltweit. Man könnte die Entwicklung auch flapsiger beschreiben. Es sind 78 Parasiten mit unanständig hohen Diäten und satten Rentenansprüchen hinzugekommen. Zum Vergleich. Amerika ist von der Population her 4 mal so groß und hinsichtlich der Fläche 26 Mal größer, benötigen aber nur 100 Senatoren und 435 Abgeordnete.

Schon aus diesem Grund müssen wir den Nachteil der Größe gegenüber den USA ausgleichen und für mehr Personal sorgen. Jüngster Abgeordneter ist beispielsweise Roman Müller-Böhm von der FDP mit 24 Jahren. Jüngster direkt gewählter Abgeordneter ist der nur einen Monat ältere Philipp Amthor von der CDU, Leute, die in ihrem Leben nicht einen Tag gearbeitet haben und sich nun anschicken, sich an den reichlich gefüllten Futtertrögen satt zu essen. 



Kaum flügge und schon versorgt. Man sollte diesen arbeitsscheuen Bübchen einen Sandkasten im Bundestag einrichten, jedem ein Schäufelchen mit Eimerchen in den Nationalfarben in die Hand drücken, dann machen sie wenigstens keinen Unsinn. Wenn solche Personalien zur Erneuerung einer Partei gehören, dann kann man den Verantwortlichen nur bescheinigen, dass sie mit Verve massenhaft Wähler verbrauchen.

Wir dürfen gespannt sein, mit welch schönen Erklärungen wir bei den Debatten im Parlament beglückt werden, wenn Richterstühle nicht besetzt, Lehrer mit Zeitverträgen abgespeist, digitale Netze an Kleinstädten und Dörfern vorbeigelegt und Pflegeeinrichtungen links liegen gelassen werden. Von Rentnern und Hartz IV-Empfängern, alleinerziehenden Müttern oder horrenden Mieten will ich gar nicht erst sprechen. Nein, ich traue unserer Kanzlerin nichts mehr zu. Ihren Ministern ebenso wenig. Wir werden damit leben müssen, auf der Couch sitzend Erdnüsse und Chips zu vertilgen und uns im Fernsehen am Aufbruch und der neuen Dynamik erfreuen. Es bleibt zu konstatieren: Viele Politiker machen Geschichten, Geschichte aber machen sie nicht.  



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