...angezählt ist die SPD ja schon seit Monaten. Ja, sie
stand sogar schon kurz vor dem Knockout. Aber als der erklärte Favorit aus
Würselen in die Knie ging, sprang Nahles in den Ring. Immerhin steht ihr der adoleszente
Juso-Zelot gegenüber, der sie intellektuell jederzeit und überall in die Tasche
steckt.
Heute Nacht wissen wir, wie die Auseinandersetzung
zwischen Nahles und Kühnert ausgegangen sein wird. Machen wir uns nichts vor,
die „elterliche Gewalt“ wird siegen und die Genossen tun alles, um den Kleinen aus
der Jugendgruppe zu disziplinieren. Freilich erst hinterher. Kevin weiß es nur
noch nicht. Und wieder einmal wird sich nach diesem ganzen Rummel beweisen:
Parteien sind Vereine zur erfolgreichen Verhinderung von Politik.
Mit Prognosen ist es ja immer so eine Sache, zumal
Ergebnisse von Voraussagen in der Zukunft liegen. Dennoch wage ich zu
behaupten, dass der gesamte SPD-Kader die Hosen gestrichen voll hat. Sollten die
Mitglieder das Votum für die GroKo ablehnen, hat nicht nur die Vorsitzende ein
Problem. Die Partei würde auf lange Zeit kaum noch eine Rolle mehr spielen. Wenn
man bedenkt, dass die Nachfahren Willi Brandts mit gerade einmal 15%
Wählerzustimmung sich immer noch Volkspartei nennen, kann man getrost von einer
Wahrnehmungsverzerrung sprechen. Immerhin würden die Genossen von 85% der
Wähler NICHT gewählt.
Auch die CDU kann sich kaum entspannt zurücklehnen,
hängt doch auch ihre Zukunft von dem Erfolg des renitenten Kevin ab. Kaum zu
glauben, dass ehemals gestandene Parteien sich mit Verve und semantischer
Publikums-Nötigung dem Wähler verkaufen wollen, dass das Scheitern der GroKo
einem Weltuntergang gliche. Zugegeben, es wäre eher der Untergang unserer
Protagonisten, von denen einige dann auf dem freien Arbeitsmarkt ihr Glück
versuchen müssten. Aber da sieht es zurzeit schlecht aus, zumal die
Mindestlöhne nicht sehr attraktiv sind.
Deshalb das Credo: Unter keinen Umständen Neuwahlen. Die
so genannten Volksparteien würden vermutlich zu dekorativen Splittergruppen
mutieren und so manches Großmaul müsste die Zähne zusammenbeißen. Wäre auch
nicht das Schlechteste, zumindest könnten er dann nicht mehr laut reden. Wie
sagte Charles Pierre Péguy, der berühmte französische Dramatiker 1898 so nett? Jede Partei lebt von ihrem Kult und stirbt an
der eigenen Politik. Diesen weitsichtigen Worten kann ich mich nur mit den mir eigenen anschließen:
Wenn es eine Partei mit vernünftigen und klugen Politikern gäbe, müsste nicht nur die Politik neu definiert werden. Man würde auch Schwätzer mit Denkern ersetzen
Aber noch ist es nicht soweit. Die SPD-Wähler werden unter
maximaler Überwindung eigener Logik ihren inneren Widerstand im Keim ersticken
und mehrheitlich für eine große Koalition abstimmen. Heerscharen von Minister,
Staatssekretäre, Bundestagsmitglieder werden mentale Freudentänze aufführen und
eine Kerze in der heimischen Kirche entzünden, weil ihre Dienstfahrzeuge und Diäten
erhalten bleiben und nicht etwa, weil sie endlich das Volk mit Wohltaten
überhäufen können.
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