Wer bislang geglaubt hat, der Irrsinn und Wildwuchs spektakulärer Rettungsmaßnahmen für das deutsche Volk wäre nicht mehr zu toppen, der irrt. Der Präsident des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen Ingo Wortmann will in Bussen und Bahnen ein Sprechverbot durchsetzen. Selbstredend soll das Verbot während der Fahrt auch fürs Telefonieren in öffentlichen Transportmitteln gelten.
Wie man hört, stößt diese innovative Idee in Berlin und bei diversen Ministerpräsidenten auf ein positives Echo. Nun ja, so neu ist die Idee mit dem Schweigen auch wieder nicht, zumal man das Schweigegelübde in einigen Klöstern schon länger kennt. Die Äbte haben gute Erfahrungen damit gemacht, wenn sich Mönche jahrelang gegenseitig anschweigen und einfach die Klappe halten. Es hat durchaus etwas Positives, wenn die Männer unter ihren Kutten ihren Kumpels mit der andauernden Gebetsmurmelei nicht auf die Nerven gehen.
Auf die Frage des WELT-Journalisten, wie hoch die Infektionsgefahr im Nahverkehr wirklich sei, verwies Wortmann darauf, dass es eine Maskenpflicht in Zügen, Bahnen und Bussen gäbe und ein allgemeines Sprechverbot das Ansteckungsrisiko deutlich vermindere. Nun ja, immerhin wird an jeder Haltestelle stoßgelüftet, weil ja dort die Türen geöffnet werden. An Haltestellen und Umsteigestationen geht es aber meist so eng zu, dass selbst das abgefeimteste Virus die größte Mühe hat, in Getümmel des öffentlichen Nahverkehrs jeden ein- und aussteigenden Fahrgäste rechtzeitig zu anzufallen.
Ich will ja nicht unken, als Passagier, der sich eingepfercht zwischen Dutzenden von Menschen im hinteren Wagenteil der U-Bahn an der Haltestange festkrallt, um nicht in Kurven oder bei Bremsmanövern der nächsten Nachbarin auf den Schoß zu fallen. Von der Gefahr wegen sexueller Übergriffe, wenn auch unabsichtlich, von der betroffenen Dame angezeigt zu werden, will ich erst gar nicht reden. Habe ich man das Fahrtziel erreicht und will aussteigen, muss man eben der Umgebung mit Fußtritten, kernig ausgefahrenen Ellbogen und Faustschlägen signalisieren, um einen Durchschlupf zum Bahnsteig zu gewährleisten.
Die Zugbegleiter, so Ingo Wortmann, seien nicht gefährdet, obwohl sie sich ständig in Bewegung befänden und nach gültigen Fahrausweisen oder Ähnlichem verlangen. Was soll man dazu sagen? Das Tragen von Uniformen wirken vermutlich immunisierend. Angesehen davon müssen Kontrolleure oder auch Polizisten und Aufsichtspersonal im Stande sein, verbal ihre Fragen, Anordnungen und Hinweise an ihre Klienten zu richten.
In ICE-Zügen stellt das Schweigegebot für Fahrgäste natürlich eine besondere Herausforderung dar, vor allem, wenn sie im Bordbistro eine Cola oder ein Schnitzel mit Pommes Frites bestellen wollen. Der präkognitive Fahrgast hat in diesen Fällen natürlich immer ein Blatt Papier und einen Kugelschreiber dabei, um seine Wünsche aufzumalen. Es empfiehlt sich in diesem Falle auch, die Gebärdensprache zu beherrschen.
„Uns geht es darum, dass wir alles tun wollen, um die Aerosolverbreitung in U- und S-Bahnen zu verringern“, so der Verbandspräsident. Dann führte er weiter aus: „Man muss sich doch nur für 10 bis 20 Minuten ein bisschen disziplinieren und einfach die Klappe halten.“ In welcher Welt lebt so ein Verbandspräsident eigentlich? Kann es sein, dass er zuhause eine Frau hat, die ihm schon seit 20 Jahren mit ihrem Geschwätz derart auf die Nerven geht, dass er jetzt den Zeitpunkt gekommen sieht, sich an unschuldigen Fahrgästen zu rächen?
So
gesehen sollte unsere weitsichtige Politik den Fokus der Infektionsgefahren auf
die Privathaushalte ausweiten und ein bundesweites Sprechverbot für Ehefrauen
verhängen. Vor allem bei jenen Lebensgefährtinnen, die ihre Männer ständig mit
überflüssigen Anweisungen zulabern, wie beispielsweise: „Bring mal den Müll
runter“, oder „du könntest mal wieder staubsaugen und deine Klamotten
wegräumen.“ Eine solche Verfügung könnte für manchen Ehemann ein wahrer Segen
sein und er könnte der pandemischen Auswirkung von Corona sogar da und dort
etwas Gutes abgewinnen.
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