Ich will nicht despektierlich sein, nichtsdestoweniger darf man den sozialen Aufstieg von Frank-Walter und Elke Büdenbender – beide nicht gerade von blauem Geblüt, als geradezu atemberaubend bezeichnen. Nach 27 Jahren war es der erste Staatsbesuch eines deutschen Genossen und Staatsoberhauptes.
Immerhin gilt zu berücksichtigen, dass sowohl Frank-Walter als auch seine Gattin bis vor wenigen Jahren dem kleinbürgerlichen Milieu angehörten und gestern im prunkvollen Sechsspänner und geschmückten Rössern am Schloss Windsor vorfuhren. Seine Majestät King Charles sowie „Duchess of Cornwall", - heute "Her Majesty Queen Camilla“, - gaben sich die Ehre, Frank und Elke mit allen militärischen Ehren zu empfangen. Man möchte atemlos erschauern, da doch zwei Parvenüs aus Deutschland unversehens Zugang in die royale Gesellschaft Englands erlangt haben.
Der pompöse Empfang auf der mit Flaggen gesäumten Allee, Tschingderassabum und Fanfahren, dürfte für Frank und Elke wie eine märchenhafte Welt vorkommen, in der jäh „Tausend und eine Nacht“ in Erfüllung gegangen sein muss. Unsere deutsche First Lady und die britische Königin sowie Prinz William und Prinzessin Kate saßen in weiteren Kutschen. Das Thronfolgerpaar hatte die Besucher bereits am Flughafen London Heathrow abgeholt. Für den Abend war ein Staatsbankett auf Schloss Windsor geplant.
Hunderte Schaulustige folgten der Kutsch-Prozession, begleitet von berittenen Gardesoldaten in blinkenden Helmen. Für jemanden, der bis heute seine Herkunft nicht verleugnen kann, auch wenn er sich noch so bemüht, dürfte auch das Gefühl der eigenen Bedeutsamkeit angesichts der multiplen royalen Noblesse und der anwesenden Hoheiten ins Unermessliche anwachsen sein. Möglicherweise unter dem Eindruck des hoheitlichen Gedöns, dürfte jetzt unser Frank-Walter erwägen, nach seiner Rückkehr aus Windsor Deutschland in eine Monarchie umzuwandeln. Wir dürfen gespannt sein.
Was wird unserem Frank-Walter wohl in dem Augenblick durch den Kopf gegangen sein, als er seine Tischrede hielt? Steinmeiers Vater, Tischler und die Mama, – eine aus Breslau stammende, heimatvertriebene Fabrikarbeiterin, da gab es in seiner Jugend für Schöngeistiges keinen Raum. Schweiß, Enge und Tristesse, schäbiger Linoleumboden, Bohnerwachs und der Geruch von verkochtem Kraut brannten dem spießbürgerlichen Spross aus Westfalen-Lippe Frank-Walter wie Wundmale in der Seele. Da konnte man schon mal verzweifeln.
Als Jugendlicher in Brakelsiek, Bahnhofstraße 7, im 4. Stock links aufgewachsen – bewohnt er heute das Schloss Bellevue in Berlin. Ja, hat es sogar zum Bundespräsidenten gebracht. Das ist für sich gesehen schon ein Wunder. Seit gestern jedoch eröffneten sich für Elke und Frank der privilegierte Zutritt in aristokratische Kreise. Wie wir bei Wikipedia nachlesen können, erfahren wir, dass Frank-Walter während seiner Studienzeit in Nebenjobs in einer Möbelfabrik Barfächer in Nussbaumschränke einbaute. Nun sitzt das deutsche Präsidentenehepaar Seit an Seit mit den Erlauchten an der 42 Meter langen Mahagoni-Tafel vor erlesenem Porzellan.
Wie man sich unschwer vorstellen kann, war dies auch eine Herzensangelegenheit seiner Gemahlin und First Lady Frau Elke Büdenbender, stammte doch auch sie eher aus einfachen Verhältnissen, was ja per se kein Makel sein muss. Der Vater ein Schreiner in einem Kaff namens Salchendorf und die Mama eine ehemalige Hauswirtschaftlerin – ein Milieu, in dem Tischmanieren eher eine untergeordnete und edle, mit Gold berandete Platzteller von Rosental eine sekundäre Rolle spielen. Deutschland ist mit Stolz erfüllt, denn wir dürfen anerkennend konstatieren: Während des Trinkspruch und Anstoßens der mit Schampus gefüllten Gläser spreizte Frank den kleinen Finger nicht ab.
In der Reminiszenz unseres Bundespräsidenten wagen wir einen gnädigen Blick in die Vergangenheit, als sich Elke und Frank-Walter in jungen Jahren in Gießen trafen. Veni, vidi, vici, wird sich Frank gesagt haben, nahm allen Mut zusammen und das Verhängnis nahm seinen Lauf. Sie heirateten und studierten. Was blieb? Der Stallgeruch. Den allerdings wird man einfach nicht los, so sehr man sich auch schüttelt.
Verständlich, wenn beide mit Macht das kleinbürgerliche Proletariat hinter sich lassen wollten. Frank-Walter, ein blutarmes Kerlchen, ohne jedes Charisma und noch weniger Esprit, machte eine steile Karriere als Parteigenosse und wurde Schröders beflissener Aktendeckel. Immerhin - er ließ sich nicht beirren und wich von seinem Weg als strammer Genosse nicht ab. Kann man machen, aber das macht die Sache weder intellektuell noch menschlich nicht besser.
Nun ja, das Leben spielt zuweilen merkwürdige Kapriolen. Ein glücklicher Umstand katapultierte ihn auf den deutschen Präsidentensessel. Er lernte schnell, machte sich einen pastoralen Habitus zu eigen, garnierte seine öffentlichen Auftritte mit salbungsvoller Rhetorik und schlüpfte allmählich in eine staatstragende Rolle. Seine gelegentlichen mentalen Entgleisungen, wenn es um den vermeintlich rechtsradikalen Todfeind ging, wurden ihm zwar angekreidet, was seinem mentalen Schwebezustand in abgehobenen Sphären keinen Abbruch tat. Umso angenehmer ist es, wenn man im Prunksaal des Schlosses Windsor unter gekrönten Häuptern und blaublütigen Honoratioren bei Rehnüsschen, Preiselbeeren und Endiviensalat tafeln und für eine kurze Zeit vor der eigenen Wichtigkeit wohlig erschauern darf.
Ja,
man darf sagen: Endlich sind wir wieder wer! Frank-Walter in Frack und roter
Bauchschärpe sowie Elke, seine Gemahlin, werden die Gazetten und Boulevard-Blätter
von Burda zum Hochglanz bringen, „Das Goldene Blatt“ oder „Die Bunte“ seitenweise
die gesellschaftliche Bedeutung hervorheben und dem gemeinen Pöbel und dem Plebs
zum neuen Selbstbewusstsein verhelfen. Ja, wir dürfen stolz auf unseren Präsidenten sein, endlich sind wir wieder wer!
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