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Allen Vegetariern zum Trotz - Ich bin gerne ein Schwein

Ich bin ein Schwein und ich will es vorwegnehmen: Mit den meisten Sauereien haben wir Schweine nichts zu tun. Gut, gut, ich gebe zu, ich fresse alles, was mir in die Quere kommt, was natürlich nicht ohne Folgen bliebt. Daher zähle per se nicht zu den Leichtgewichten, auch das ist wahr.

 


Übrigens, was meine Hautfarbe angeht, ich bin rosarot und wenn es mir gut geht, grunze ich vor Behagen. Verwechseln kann man mich also nicht. Steckdosennase, Ringelschwanz und Haxen sind meine typischen Merkmale. So ist das nun einmal!

Als Sau bin ich mir meiner Rolle bewusst und ich weiß auch, was von mir erwartet wird. Es gibt daher auch keinen Grund, mich meines Daseins zu schämen! Wir Schweine sind stolz darauf, des Menschen bester Freund zu sein, wenn es um die Auswahl seines täglichen Speiseplans geht. Kaum ein Gourmet-Koch kommt an uns vorbei. Es gibt keine Familie, die nicht schon einmal ein Schnitzel auf dem Teller hatte. Mit jeder Bratwurst sorgen wir für gute Laune auf Grill-Partys. Dennoch, meine glücklichste Zeit war die meiner Jugend.

Ich war jung, schlank und neugierig und hatte jede Menge Freunde im Koben. Ich war das einzige weibliche Ferkelchen im Wurf und kann behaupten, die Schönste weit und breit gewesen zu sein, bis ich in die Breite ging. Ach, was waren das noch Zeiten, als ich übermütig den Ringelschwänzen meiner Kameraden nachjagte oder mir den besten Platz an der Zitze erkämpfte. Tja, früher war eben alles besser. Schon mit drei Monaten wusste ich, dass Hofhund Archie nur so gefährlich ist, wie seine Kette lang war. Mit lautem Quieken hab’ ich gackernde Hühner aufgescheucht und mich in jedem Misthaufen gesuhlt. „Tempora mutantur“ wie wir Schweine immer sagen.

Erleichtert bin ich allerdings, nicht als Henne auf die Welt gekommen zu sein. Bei den Eierpreisen! Ehrlich gesagt, ich kann dieses Federvieh sowieso nicht verstehen. Niemals käme ich auf die Idee, mir wegen 3 Cent pro Ei den Arsch noch weiter aufzureißen, nur damit mein Chef sie als „Güteklasse A“ auf dem Markt verhökern kann. Ausbeuter! Ich sage immer, wenn ein Schwein kein Schwein hat, dann ist es eine arme Sau. Na ja, jedem das Seine. Übrigens, sollten Sie sich an den Koteletts, den Lenden oder Schnitzeln überfressen haben und deshalb Pillen für die bessere Verdauung einnehmen wollen, sind Sie auf dem Holzwege. Sie können sich die Medikamente sparen, zumal wir die Einnahme derselben bis zur Schlachtung für Sie übernehmen. Aber das nur am Rande.

Übrigens! Mein Besitzer nennt mich Nora. Heute bin ich eine echte Vollblutsau. Pralle Schenkel und üppige Hüften. Wie bitte? Sie wussten gar nicht, dass wir Schweine Namen haben? Nehmen Sie’s nicht so schwer, Mensch! Was Sie von uns verzehren, ist in den meisten Fällen längst tot. Es gibt also keinerlei Gründe, darüber nachzudenken, ob Ihr Filetsteak von Heinrich oder Erna stammte. Genießen Sie es einfach. Unser Schicksal ist nun mal, nicht lesen und schreiben zu können. Uns hat der Schöpfer leider verwehrt, Gymnasien zu besuchen, was nicht bedeutet, dass ein Schwein keine Karriere machen könnte. Oh nein! Der Weg zur hoch kompetenten Trüffelsau steht einem immer offen, wenn man sich unbedingt weiterbilden will.

Was mich allerdings in der tiefsten Tiefe meiner Schweineseele bewegt und mir so manchen Nachtschlaf raubt, ist die Frage: Warum missbraucht man uns Schweine beispielsweise als Glücksschweine, während unsereiner kaum eine die Chance hat, am Glück teilzuhaben? Weshalb jubelt ein menschlicher Millionengewinner lauthals „Schwein gehabt“, obwohl wir nicht einen Cent davon abbekommen. Als Glücksbringer hätten zumindest ein Anrecht auf 10%tige Gewinnbeteiligung.

Wäre es nicht ein gerechter Schritt des Menschen, wenn man uns Glücksspielen teilnehmen ließe? Dann könnten wenigstens einige von uns ihr Schicksal kurz vorm Kochtopf in ein Leben in Saus und Braus umwandeln. Ich könnte mir beispielsweise sehr gut vorstellen, dass einige meiner Artgenossen sich danach sehnten, ihre Fettschwarten in Antalia von der Sonne bräunen zu lassen, statt vom Holzkohlegrill in einem Duisburger Schrebergarten. Leider sind viele Menschen der Meinung, ein Urlaub für deutsche Schweine wäre Perlen vor die Säue geworfen.

Aus menschlicher Sicht wäre es kaum auszudenken, was geschähe, wenn Schweine mit Lottomillionen Aktienmehrheiten hätten und grunzend Mallorca übervölkerten, weil wir es uns plötzlich leisten könnten. Wir sind nicht so blöde, wie man es uns immer wieder unterstellt. Nur, weil wir uns im Schlamm wälzen, sind wir intellektuell noch lange nicht unterentwickelt! Uns ist bewusst, dass 99 Prozent von uns durch den Wolf gedreht werden.

Dabei war unser Schweineleben historisch gesehen geradezu paradiesisch! Aber davon wollen die Menschen ja nichts mehr wissen. Schon bei Homer wurde von großzügiger Schweinehaltung berichtet. In Griechenland waren wir häufig auf Vasen und auf Wänden dargestellt. Sogar im alten Rom hatte man erkannt, dass sich unsere Qualität erhöhte, wenn man uns richtig behandelte. Die Römer haben seinerzeit sogar Grabsteine für uns aufgestellt und sie mit liebevollen Inschriften versehen.

Meine Mutter erzählte mir, es gäbe noch heute in Civitavecchia mehrere Schweinegräber. Eine Inschrift auf dem Grabstein neben dem großen Caligula lautet: »Porcella hic mio dormit in pacem QVINXIT ANN.M.X.D.XIII«. (Hier schläft in Frieden mein Schweinchen. Es lebte 3 Jahre, 10 Monate und 13 Tage). Für das privilegierte Hofschwein Kaiser Neros wurde sogar ein Testament ausgefertigt, man möge den Körper gut behandeln, ihn gut salzen und unter den Gourmets verteilen. Wie Sie sehen, können wir Schweine auf eine höfische Vergangenheit zurückblicken.

Ich will ja nicht protzen. Einer Sau steht das nicht gut an. Trotzdem! In Europa ist die Schweinehaltung seit 7.000 Jahren bekannt. Eine keltische Gottheit war sogar ein Schwein. Es hieß »Moccus«. Auf keltischen Münzen wurden Männer als Eber oder Keiler abgebildet, die gewaltige Manneskraft symbolisieren sollten. Aber solche kräftigen Kerle, die einer willigen Vollblusau unablässig Freude spenden, gibt es bei uns auf dem Hof schon lange nicht mehr. Bedauerlich, wie ich anfügen möchte. Und da wir im Koben weder Internetanschluss noch Computer haben, kann man sich die Suche nach einem virilen Eber in Flirtforen oder Facebook komplett abschminken.

Wenn man bedenkt, dass wir Schweine einstmals als Fruchtbarkeitssymbole galten, kann ich nur daraus schließen, dass unser Sexleben in jener Zeit ziemlich menschlich gewesen sein muss. Gott, waren das noch Zeiten. Heute dürfen wir vorwiegend Fressen. Sex gibt’s nur noch alle drei Monate! Mein Urgroßvater, - er endete als Pökelschinken und ist längst verdaut -, erzählte immer, dass der germanische Gott „Freyr“ einen Eber namens „Gullinbursti“ auf seinem Hofe hielt, den er mit „Syr“, dessen Lieblingsschwein vermählte. Sie wurden als Heilige angebetet. In der Edda-Sage taucht ein früher Vorfahre von mir auf. Mit Nachnamen hieß er „Sachrimmer“, geboren in Mühldorf am Inn, wie überliefert ist.

In Anbetracht unserer glorreichen Geschichte und als Vorsitzende des schweinischen Komitees selbstbewusster Schlachtviecher appelliere ich nunmehr an die Menschen, uns Schweinen endlich die uns zustehende Wertschätzung entgegen zu bringen. Im Gegenzug werden wir Schweine alles in ihrer Macht stehende tun, noch schmackhafter und noch zarter zu werden. Für das Glück der Menschen gäbe es kaum etwas, was wir Borstenviecher nicht tun würden. Wenn’s nach uns ginge, würden wir uns sogar selbst schlachten und an die Fleischerhaken hängen, um den ehrenwerten Fleischern das harte Los der Arbeit zu erleichtern.

Nun geht’s mir besser, nachdem ich endlich meine Anliegen in aller Öffentlichkeit kundgetan habe. Wenn ich bereits morgen als Schweinehälfte in einem Tiefkühllaster hänge, habe ich zumindest meine Pflicht getan. Ist ein saustarkes Gefühl, wenn man mal so richtig die Sau rauslässt, ohne gleich an die Konsequenzen denken zu müssen!

In diesem Sinne grüßt euch herzlichst

Euer Schnitzel Nora.

 

 publiziert am 12.03.2019 

Claudio Michele Mancini

                                       

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