Die Bevölkerungsgruppe der Singles ist, zumindest was die Haushaltsführung angeht, mittlerweile eine diskriminierte Randgruppe. Obwohl in unseren Gesetzen das Gleichheitsprinzip verankert ist, kann nicht einmal in einem Supermarkt von ausgewogener Gleichstellung keine Rede sein.
Noch schwerer haben es rassige Kerle wie ich, die aus südlichen Gefilden stammen und ihr Leben als Single jahrelang in Deutschland fristen mussten. Doch diese Zeiten gehören der Vergangenheit an. Ich bin zurück ins Land, wo die Götter den Sizilianern das Kochen beibrachten.
Früher einmal konnte man mit ein wenig Glück in Deutschland eine Frau finden, die kochen konnte wie La Mama. Eine, die mich rund um die Uhr vergötterte. Jetzt müssen nicht nur ich -, wie meine Single-Leidensgenossen Cesare, Roberto, Sandro und Massimo auch, von Glück reden, wenn wir in Zeiten feministischer Selbstbestimmung nicht eine bekommen, die uns vorsätzlich die Verantwortung für den Staubsauger oder den Küchenabwasch übertragen, anschließend mit uns bei Gucci und Prada einkaufen gehen wollen oder gar eine, die uns jeden Abend ausgehungert am Esstisch sitzen lässt, anstatt uns ersatzweise mit La Perla-Unterwäsche im Schlafzimmer zu erwarten.
Zwar sagte schon Ovid 43 vor Christus: Nicht jede Frau, die das Feuer anbläst, will auch kochen. Aber dennoch, Hunger haben sie alle. Und vor der Lust haben italienische Götter Kochtöpfe und Pfannen bereitgestellt. Schon deshalb stellt ein eigenständiger Haushalt jenseits italienischer Grenzen eine besondere Herausforderung dar, besonders, wenn Mama nicht in Palermo oder in Messina, sondern im entfernten Recklinghausen, Dortmund oder Paderborn lebt. Ich würde mir wünschen, bei REWE oder ALDI meine eigene Abteilung zu haben, in der ich alles in beliebig kleinen Mengen kaufen könnte, ohne unverschämte Aufschläge für Kleinstpackungen versteht sich.
Als Junggeselle braucht man ja nicht viel, sofern man
keinen Besuch erwartet. Hier ein paar Pfefferkörner, dort 20 Stäbchen
Spaghetti, einen Spritzer Sahne und 12 Speckwürfel vom Schwein aus Padua. Ach
ja, "und dieses Schnapsglas bitte mit Öl Extra Vergine auffüllen,
danke!" Zur geschmacklichen Abrundung noch eine Flasche Montepulciano
Rosso, denn wer kann sich noch in diesen Zeiten einen teuren, mitunter meist schlechteren Franzosen leisten.
An der Kasse erwirbt man noch zwei Zigaretten für danach und der gemütliche Single-Abend
kann wundervoll werden. Doch sollte man Damenbesuch erwarten, dann heißt es, ihn auch erfolgreich gestalten. Da reicht es nicht, nur ein Mann zu sein.
Zwar ist ein italienischer Junggeselle ein Kerl, an dem noch alles dran ist, was einen echten Mann ausmacht und den die Frauen noch nach Herzenslust und viel Engagement ausprobieren, bevor sie sich endgültig entscheiden. Eine Frau erwartet da schon ein bisschen mehr, als nur ein: "Hey, Baby..., haste Bock mit mir ein paar Videos auf meiner Couch reinzuziehen?"
Als Italiener wurde mir bereits in die Wiege gelegt, wie man einen Abend vorbereitet, um den Abend lustvoll zu gestalten. Dazu bedarf es einer exquisiten Küche. Nur einfältige Männer kämen auf die Idee, die eine Hälfte eines Huhnes zum Braten und die andere fürs Eierlegen zu verwenden. Will man bei anspruchsvollen Damen Erfolg haben, fallen Tütensuppen, Dosensuppen und Tiefkühlpizza wegen des Stilbruchs aus. Zugegeben, schlichte Singles aus dem Sauerland oder gar aus dem Ruhrgebiet haben schlechte Karten, wenn sie Natascha oder Yvette aus Oldenburg oder Osnabrück gefügig machen wollen. Denen fehlt es einfach an Fantasie und Raffinesse.
Dröge, wie die Kerle aus nördlicheren Klimazonen nun mal sind, fällt denen nur ein: Rüber zur Nachbarin! Dingdong! »Hätten Sie vielleicht eine kleine Schale Bohnen, etwas frisches Hack und ein oder zwei Eier?« Doch ob das gut geht, vermag ich nicht einzuschätzen, vor allem, wenn es sich um einen Finanzbeamten aus Gelsenkirchen oder einem Hauptschullehrer aus Winterberg handelt. Denen reicht in der Regel ein Bier oder alternativ ein veganes Schnitzel völlig aus.
Der autarke Alleinkoch mit italienischem Geburtsschein hat zielführendere Ernährungsstrategien, vor allem, wenn er nicht einsam am Tisch sitzen und einen traurigen Abend verbringen will. Er setzt nicht nur seinen südländischen Charme ein, sondern auch die italienische Nudel. „Getee snell und isse billig. Nudel in die Topfe mitte Wasser. Dann mache heiß und nehme Sugo ausse Glas. Jetzt gucke mitte heißeblutige Auge“. Kochen und Schmachten sind schließlich die Königsdisziplinen meiner Landsleute.
Der geschulte Italiener lässt das Szenario am Herd wie
ein erregendes Vorspiel noch ein wenig nachwirken und wird dann sagen: „Amore
mio…“ Guarda...! La Pasta deliciosa isse fertige. Un pranzo italiano isse wie
mache Liebe auffe eiße Herdeplatte.
Nahezu jede romantische Frau wird angesichts unseres mediterranen Zungenschlags sofort in süßer Ohnmacht niedersinken. Nein, sie wird nicht etwa nur gefügig, sie geht zum Angriff über und schnappt sich den Teller.
Mühsame Baggertouren in mondänen Nachtbistros sind völlig überflüssig, sofern man auch noch einen Espresso Crema und Dolcetini zu Hause hat. Doch als „Azzurro vero“ hüte man sich vor Frauen, die nur vorgeben, gutes Essen zu schätzen, sich in Wirklichkeit aber ein warmes Nest auf Dauer suchen. Solche Exemplare, zumeist Damen nördlich des Brenners zuhause, sind die reinsten Honigfallen.
Teutonische Blondinen und selbstbewusste Brünette aus Bielefeld oder Augsburg dagegen sind überzeugt, dass ihre Opfer die Frühlingsgefühle bereits vor dem Aperitif auf Eis legen sollten, damit sie ihre Liebesglut entweder zum Kartoffeln kochen oder für kalte Winterabende einsetzen. Damen jenseits vom Apennin neigen überdies dazu, Spülen, Staubsaugen oder Abwaschen zum Hobby ihres zukünftigen Mitbewohners zu machen. Nichts für den virilen Südländer aus Neapel oder Bari. Doch kehren wir zurück zur mediterranen Küche und unseren verführerischen Kochkünsten. Denn der Weg führt zum Ziel.
Hier mein Ratschlag für alle blutarmen, deutschen
Singles mit Hang zum Schweineschnitzel, Knödel und Bier. Mit solchen Aussichten
reißt man keine Frau vom Hocker. Wenn wir Italiener uns auf einen gediegenen und
romantischen Abend mit der blondgelockten Gisela von nebenan vorbereiten, dann
legen wir uns ins Zeug. Dazu benötigen wir drei saftige Tomaten, schneiden sie
unter Absingen eines bekannten Hits von Adriano Celentano in diverse Achtel und
salzen beherzt. Danach pressen wir mit hörbarem Seufzen eine Knoblauchzeh aus.
Hinzu fügen wir fein geschnittene, gelbe Paprika, und hauchdünne
Mozzarellascheibchen. Im Anschluss bröseln wir fein geriebenen Parmigiano über
unsere Kreation.
Sodann benötigt der routinierte Koch einen Teelöffel Aceto Balsamico, etwas Walnussöl, ein Tröpfchen Limette, einen Schuss Wasser, einen Hauch Rosmarino und einen Schneebesen. Nun kommen die Feinheiten hinzu.
Wir Italiener wissen, was Frauen in die Knie zwingt, indem wir beispielsweise noch eine kleine Tomate und eine Orange entsaften und der "Sugo Meraviglioso" beimengen. Wir nennen das: Liquido che si ottiene, mediante spremitura, da aranci è pomodori. Danach vermengen wir unsere „Spaghetti al dente“ mit unserer Profi- Sauce, gehobelten Pecorino Sardo und garnieren das Ganze mit zwei oder drei Blättchen frischen Oregano. So vorbereitet kommt man bei Helga, Moni oder Nicole garantiert gut an.
Die "de Luxe Variante" vorgenannter Rezeptur: statt Stäbchennudeln verwendet man Orecchiette. Sie werden übrigens in Sizilien vorzugsweise „alla marinara“ mit Tintenfischsauce und Polpe zubereitet. Gebildete Mitteleuropäer wissen, Italiener sind anders als herkömmliche Deutsche. Süditaliener sind zumeist griechischer Abstammung und vergöttern die Frauen. Und sie wissen: Die Fackel der Liebe wird in der Küche gezündet, zumal sich dort ziemlich rührende bis hektische Szenen abspielen können.
Schließlich darf man auch als
begnadeter Koch nichts anbrennen lassen. Doch Vorsicht ist geboten. Merke: Es
ist beinahe unmöglich, eine Frau zu umarmen ohne ihr dabei in die Hände zu
fallen. Denn nach Jahren der Zweisamkeit bleibt so manchem Mann nur noch die
Sehnsucht nach der Küche von La Mama. Ich wünsche für das romantische
Dinner gutes Gelingen. Ich geh jetzt trotz Corona ins Ristorante Luigi ganz
nach dem Motto: "Wenn schon keinen Sex, dann wenigstens eine Flasche
Barolo."
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