Gestatten: Reginald mein Name, meines Zeichens Frosch. Ich gehöre zur Gattung der Gelbbauchunken. Man mag mich für arrogant halten, aber ich zähle zweifellos zu den rassigen und attraktiven Vertretern meiner Art. Deshalb nennt man mich auch den Tümpel-Casanova.
Wenn ich mich nunmehr mit einem offenen Brief an die Öffentlichkeit wende, mag man daraus meine Empörung ablesen. Die äußeren Umstände treiben mich dazu, das Wort zu ergreifen.
In jüngster Zeit häufen sich die Fälle, in denen zweibeinige Wesen mit langen, blonden Haaren an meinen Weiher treten. Von unerklärlichem Liebestaumel übermannt, reißen sie mich aus dem Wasser, um mich dann an ihre Lippen zu pressen. Ein geradezu widerliches schmatzendes Geräusch treibt mir die Gänsehaut auf die Oberschenkel. Dann stammeln diese langmähnigen Gestalten und aufgespritzten Botox-Lippen: „Oh, mein Prinz“ und glotzen mich erwartungsvoll an. Manche schütteln mich sogar und brüllen, ich möge mich endlich in einen strammen Typen verwandeln.
Kaum habe ich einen Kommentar gequakt, schleudern sie mich mit Schmackes ins Gewässer zurück. Mir wird dabei jedes Mal ganz schwindlig. An dieser Stelle möchte ich, nachdem mich intensive Recherchen über den Ursprung dieser unangenehmen Froschküsserei aufklärten, klipp und klar und auch mit entschiedenem Nachdruck feststellen: Ein Frosch ist ein Frosch. Basta!
Gut, gut..., ich durchlaufe zwar die Metamorphosen Ei, Kaulquappe, Jungfrosch, aber deshalb ist noch lange nicht anzunehmen, dass das einfach so weitergeht und ich mich in einen dieser geschniegelten Fatzken verwandle, mit einem Armani-Anzug durch die Gegend latsche, auf dicke Hose mache und Porsche fahre.
Aber nun zu meinem Anliegen: Ich habe keine Lust mehr, andauernd von wild gewordenen Blondinen aus meinem gemütlichen Tümpel herausgefischt zu werden, die mich dann gegen meinen Willen küssen wollen. Ich will nicht einmal darüber nachdenken, was sie mit mir anstellen würden, wenn ich mich tatsächlich in einen gut gewachsenen Prinzen verwandelte. Ich bin in dieser Hinsicht extrem pessimistisch, zumal ich bei den heutigen Damen, die sich einfach alles nehmen, was ihnen in die Quere kommt, das Schlimmste erwarte.
Übrigens verursacht bei mir dieser, den weiblichen Vertretern jener Spezies vorbehaltene Brauch latente Existenzängste. Er erinnert mich an meine Urangst: Im Taumel der Liebe mit Haut und Haaren gefressen zu werden. Ich weise vorsorglich darauf hin, dass ich bei weiteren Übergriffen juristische Schritte einleiten werde, und auch vor einer Klage auf Unterlassung nicht zurückschrecke, sollten sich jene Vorfälle wiederholen. Die Würde des Frosches ist unantastbar!
Wer mich
küssen will, soll sich gefälligst zuerst in eine Prinzessin verwandeln, bevor ich meine Selbstbestimmung aufgebe und man mich in Todesangst versetzt. Und sollte sie einen Porsche fahren und eine repräsentative Villa mit einem kleinen Weiher besitzen, soll mir das auch recht sein.
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Göttlich. Herrlich. Amüsant und bestens geschrieben.
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