Ich will's mal so sagen. Ein Politiker wird einen
Durchbruch immer einem Durchfall vorziehen, sei er noch so dürftig. Im Falle der
Verhandlungen in Brüssel stellt sich für Frau Merkel nach einer langen Sitzungsnacht
die Frage, in welcher Verpackung sie das Ergebnis ihrer beschleunigten
Verdauung möglichst mundgerecht dem Parlament und dem Innenminister zuhause präsentieren
soll.
Ausgangspunkt war die Forderung Seehofers, dass er in
der Flüchtlingsfrage von der Zurückweisung illegaler und bereits registrierter
Migranten im Ankunftsland erst dann von einem Alleingang absieht, wenn
wirkungsgleiche Regelungen in Brüssel verabschiedet werden. Sekundärmigration
nennt das unsere Politik heutzutage, die aus Sicht der CSU unterbunden werden
soll. Unsere Kanzlerin hatte also nur zwei Wochen Zeit für ihre zügige
Verrichtung.
Was „hinten rauskam“, kann man mit Fug und Recht als
eine sophistische Meisterleistung bezeichnen. Man könnte die frohe Botschaft
der Einigung auch „die Vergewaltigung des Realitäts verfälschenden Konjunktivs“
nennen. Die Presse jubelt, die Partei frohlockt, die Experten applaudieren,
obwohl kaum einer ganz genau weiß, was man bei diesem Ergebnis beklatschen
soll. Lediglich die Opposition gibt sich schmallippig. Mit guten Grund.
Koalitionsbruch oder mit den Wölfen heulen, das ist die Wahl zwischen Pest und
Cholera.
Aus der "wirkungsgleichen" Verhinderung der
Sekundärmigration haben sich ministerielle Rosstäuscher und präsidiale Gaukler
der EU-Mitgliedsstaaten mit semantischer Akrobatik und zirkusreifen
Sprachregelungen so sehr in die eigene Tasche gelogen, dass dem Bürger
schwindelig werden wird, wenn auch er begreift, was da in Brüssel ausgekummelt
wurde. Ein Fall für die Toilettenspülung.
Künftig könne man Bootsflüchtlinge in geschlossenen
Aufnahmelagern unterbringen. Es werde geprüft, welches Land sich freiwillig
bereit erklärt, solche Auffang-Zentren zu errichten. Es würde noch sondiert
werden müssen, wer später für die sichere Unterbringung in den Lagern zuständig
sein soll. Nun ja, wie lange solche „Prüfungen“ und „Sondierungsbemühungen“
dauern können und ob sich ein totalitärer Idiot findet, sich die islamistische Heimsuchung
an den Hals zu binden, in dieser Frage haben wir in Deutschland hinreichend
Erfahrung. Noch spektakulärer ist das Resultat des Durchbruchs mit dem
Italiener Conte. Ein wahres Highlight irreführender Kosmetik hinsichtlich
Problemlösung.
Conte hat darauf gedrungen, dass die übrigen EU-Länder
Italien mehr Flüchtlinge abnehmen und sich an der Aufnahme aus Seenot
geretteter Menschen beteiligen. Übersetzt heißt dieser sprachliche Kunstgriff:
Deutschland nimmt Italien die Flüchtlinge ab. Na, wenn das kein Deal ist!
Seehofer wird sich vor Glück nicht mehr einkriegen.
Der französische Präsident Emmanuel Macron lobte den
Beschluss als „europäische Lösung“. Diese sei besser als nationalstaatliche
Einzellösungen, die ohnehin nicht getragen hätten, sagte Macron. „Das ist für
Frankreich eine gute Nachricht.“ Das glaube ich dem Kerl sofort. Wäre die Lage
nicht so ernst, könnte man sich entweder vor Vergnügen auf die Schenkel klopfen
oder sich von der nächsten Felsklippe stürzen.
Neudeutsch ausgedrückt verurteilt Macron den
Masterplan, mit dem Seehofer die ganze EU sprengen könnte. Er entlässt Merkel
mit maximaler Anerkennung, einen Durchbruch erreicht zu haben, mit dem in
Zukunft mehr Flüchtlinge nach Deutschland strömen. Mindestens aber so lange,
bis man in Nordafrika genug geprüft hat, welches der muslimischen Anrainer
Auffanglager errichtet. Bis dahin sorgt dieser grandiose Deal für
eine gewisse Entlastung in Frankreich und Italien.
Der österreichische Kanzler Sebastian Kurz äußerte
sich ebenfalls erfreut, dass viele EU-Staaten nun den Fokus ganz klar auf
Reduzierung von Migration und Schutz der EU-Außengrenzen legten. Frau Merkel
freut sich mit ihm, weil sie im Zuge der Migrationsdebatte Deutschland noch ein
paar Milliarden mehr locker machen kann, um sie in die Türkei zu überweisen und afrikanischen Auffanglagern finanzielle Unterstützung zu gewähren.
Was uns die Regierungschefs bei ihrer
Willenserklärung unterschlagen haben, ist die Tatsache, dass die UNO für diese „angedachte“
Regelung Bedingungen stellt. Wer außerhalb der EU an Land geht, muss im Wege
des Resettlements auf andere Länder verteilt werden. Flüchtlinge sollen vom
Sammellager Zugang zu Asyl und Schutz in Europa haben - und nicht, wie es sich
so manches EU-Land vorstellt, dort einfach nur auf Abschiebung in ihre Heimat
warten. Alle Wetter! Deutsche Bürger dürfen sich auf etwas gefasst machen. Wir dürften schwarzen Zeiten entgegensehen.
Ich bin gespannt, wie lange es dauert, bis Seehofer
und Söder erklären, dass man mit diesem unglaublich wegweisenden Kompromiss
leben könne. Ich glaube, ich melde mich jetzt als Mitglied bei den Grünen an,
um Undercover so lange zu agitieren, bis sie sich bereit erklären, mit der AFD
zu koalieren. Denn irgendetwas muss geschehen. Ein Durchbruch muss her.
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