Während Richard Wagner in seinem Lohengrin das Verhältnis zwischen göttlicher Sphäre und irdischem Jammertal darstellte, durften wir gestern die Aufführung der Opernvariante als melodramatisches Bild des politischen Elends mitverfolgen. „Nehmen Sie die Wahl an“, tönte es aus dem Präsidium. Ich wills mal so sagen. Man hätte den Gralsritter Friedrich besser mal nicht gefragt, ob er Kanzler werden will – jetzt haben wir den Salat.
Aber nein, er musste sich in der Seifenoper gleich ein zweites Mal der Wahl stellen. So mancher Wähler hätte sich angesichts des Wahlgeschachers mit den verhassten Linken hinter die Kulissen gewünscht, Friedrich wäre nach der ersten vergeigten Wahlauszählung, wie einst Lohengrin, wieder in den verdammten Kahn gestiegen und hätte sich vom Schwan nach Brabant oder von mir aus auch ins Sauerland zurückziehen lassen. Während sich bei Richard Wagner der Nachen, in dem sich Lohengrin unendlich traurig entfernt und im Nirwana verschwindet, endet das Bühnenstück im Bundestag alternativ. Was soll ich sagen! Jetzt haben wir diesen Lohengrin-Verschnitt am Hals und die Bürger des deutschen Jammertals können nur noch hoffen.
Der erste Wahlgang erinnert mich hingegen an unseren Johann Wolfgang Goethe und seine Fischerballade. "Halb zog es ihn, halb sank er hin". Friedrich schleppte sich nach dem hinterfotzigen Tiefschlag mithilfe seiner Vasallen und Genossen bedröppelt ins Hinterzimmer des Bundestages. Dort belebte man ihn wohl wieder, zumal es jetzt ums Ganze ging. Denn jene aus dem eigenen Lager, die renitenterweise gegen den Protagonisten stimmten, mussten nun in kürzester Zeit eines Besseren belehrt werden. Ob man den Abtrünnigen mit Fallbeil, Garotte oder Henkersbeil gedroht hat oder eher Angebote machte, die sogar die linke Brut nicht ablehnen konnte, das dürfte uns allerdings verborgen bleiben. Ich wills an dieser Stelle mal so sagen: Schmutzige Geschäfte sind in Berlin Alltag und dürften den Wähler nicht überraschen.
Der Vorhang fällt und viele Fragen bleiben offen. Welchen Preis - zur Hölle - hat dieser Friedrich an die ehemalige Mauermörderpartei bezahlen müssen, damit sie ihm im zweiten Wahldurchgang die fehlende Gunst erwiesen und ihm trotz des rigorosen Unvereinbarkeitsbeschluss im letzten September den persönlichen Supergau erspart haben. Sind die Kommunisten, Sozialisten und Linken plötzlich die Mitte der Gesellschaft? Die Posse erinnert in manchen Zügen auch an den Liebesroman „Die gekaufte Braut“, in dem scharenweise die Kuppler unterwegs waren, um diesen Friedrich von der traurigen Gestalt den politischen Gegnern als „gute Partie“ unterzujubeln.
Lassen Sie mich an dieser Stelle Waldemar Dyhrenfurth, deutscher Jurist und Schöpfer des Bonifatius Kiesewetter und eines seiner lebensnahen Zitate rezitieren. „Nicht immer hält das rote Licht, was es dem Wandermann verspricht.“ Das erinnert doch schon sehr an die politischen Huren auf dem Bundestagsstrich. Damit will ich andeuten, dass sich der feilbietende Friedrich hinsichtlich seiner verführerischen „Versprechungen“ durchaus als frustrierender Irrtum und als epochale Mogelpackung erweisen könnte, auch wenn er mit Heels, duftigen Dessous und Strapsen vor der Tür seines Etablissements steht - umgangssprachlich Bundestag genannt -, und dem besagten Wandersmann maximale Befriedigung suggeriert. Mit Imagination ließen sich schon immer Interessenten oder auch "innen" aufs Glatteis führen.
Kommen wir zurück zur harten Politik. Ich will hier erst gar nicht an die Bedürfnisse der Wähler erinnern, die ohnehin wegen der politischen Bauernfängerei ziemlich angefressen sind und sich vom Jahrmarkt der Berliner Eitelkeiten hinter die Fichte geführt und jetzt düpiert fühlen. Die allermeisten Wähler müssen sich nach der Vereidigung des „neuen Parzivals“ mit Recht fragen: „Weshalb hat der Kerl nicht mit der AfD einen Deal geschlossen, wenn es auch möglich war, innerhalb von 5 Stunden die sogenannte „rote Linie“ mit einem dubiosen Kuhhandel aus der Welt zu schaffen und mit der ehemaligen Stasipartei die eigene Inthronisierung sicherstellt?
Ist
der Ruf erst ruiniert, lebt es sich doppelt ungeniert – so sagt ein altes
deutsches Sprichwort. Nach all den Lügen, falschen Versprechungen, chancenlosen
Vorhaben in der Migrationspolitik und den jetzt schon irrealen wirtschaftlichen
Zielvorstellungen, scheint es dem Mann auch völlig gleichgültig zu sein, ob die Wähler ihn noch ernst nehmen. 69 Prozent halten nichts von ihm – nichtsdestoweniger
faselt der Mann von Zeitenwende, Wirtschaftsaufschwung, massenhaften
Abschiebungen und Zurückweisungen von Migranten und Straftätern und einer
Aufbruchstimmung. Österreich hat unseren Friedrich heute Morgen in aller Schärfe wissen lassen, dass sie ihm gewaltig etwas husten werden, wenn sich an der Grenze etwas migrantisches täte.
So wenig wie Zitronenfalter in Sizilien die Zitronen falten, so wenig sind Kredite Sondervermögen, Männer mit üppiger Brustbehaarung und in Plissee-Röckchen verführerische Frauen, und so wenig wenden sich auch die Zeiten, nur weil ein Kanzler etwas Derartiges ankündigt. Der Mensch kann etwas wenden, nicht etwa die Zeit. Die Uhr tickt weiter, ohne dass sie sich um menschliche Wendungen kümmern würde, dem Klima ist es übrigens auch völlig egal, ob wir auf unsere Atemluft Steuern zahlen oder nicht und ob die Merz'schen Fantasien jemals Realität werden, wird uns die Geschichte irgendwann einmal erzählen.
Nun
ja, jetzt ist erst einmal Aktionismus angesagt, um nach US-Vorbild als deutscher Donald Furore zu machen. Seine erste Amtshandlung ist,
diesem Olaf den Haustürschlüssel fürs Kanzleramt abzunehmen. Dann geht's ab nach
Frankreich, anschließend nach Polen und mit Donald Trump will er auch noch
telefonieren. Ob der allerdings den Hörer abnehmen wird, muss sich noch erweisen. Ich denke, warten wir es erst einmal ab, was in den nächsten 100
Tagen passiert. Zu vermuten ist allerdings, um im Duktus von Opern, Helden, geflügelten
Worten und Märchen zu bleiben, bei dem dänischen Schriftsteller Christian
Andersen und seiner Geschichte „des Kaisers neue Kleider“ landen.
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Ein besseres Wagner-Zitat wäre aus dem Finale von Rheingold: "Ihrem Ende eilen sie zu, die so stark im Bestehen sich wähnen".
AntwortenLöschenDie merzsche Kanzlerschaft wird höchstwahrscheinlich auch nach dem 4P-Prinzip (Pleiten, Pech ,Pannen, Peinlichkeiten) verlaufen. In Puncto Peinlichkeiten hat er schon gut vorgelegt ,indem er bei der ehemaligen SED um Stimmen betteln mußte ,weil mehr als ein dutzend Abweichler in den eigenen Reihen ihn haben auflaufen lassen. Hat seine Machtgeilheit seinen Verstand bereits derart vernebelt, daß er garnicht mehr merkt , wie er zu einer lächerlichen Marionette von Grünen und Linken geworden ist? Mit ihm als Kanzlerdarsteller dürfen wir uns also auf eine Ampel 2.0 freuen.
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